taz.de -- Dating-Erlebnisse: Daddys haben es oft schwer – wir auch

Väter zu daten, ist etwas für Fortgeschrittene. Unsere Kolumnistin hat da so ihre Erfahrungen gemacht.
Bild: Liebe Daddys, ihr seid super, aber es ist nicht immer leicht mit euch

Meinen ersten [1][Daddy] hatte ich mit Anfang zwanzig. Er war rothaarig wie Prinz Harry und behauptete, brasilianischer Profifußballer zu sein. Ich glaubte ihm kein Wort, doch er hatte einen guten Body, also ging ich mit ihm Caipirinha trinken. Wie aus dem Nichts stellte er mir ein paar Tage später seine Tochter vor. Aber mit 22 Stiefmutti sein? Nö.

Waren Daddy-Dates früher die absolute Ausnahme, sind sie für Singlefrauen Mitte/Ende dreißig daily business. Im Dating-Alltag trifft man dabei auf Daddys, die bloß ein kleines Abenteuer oder Affärchen wollen, auf Daddys, die laut eigener Darstellung in [2][polyamoren] oder offenen Beziehungen leben – ohne Gewähr –, und auf jede Menge Trennungs- und [3][Scheidungsdaddys].

Doch Daddy-Dating ist etwas für Fortgeschrittene. Es beginnt bereits damit, dass sich Daddys auf Datingplattformen gern in grashüpfergrünen Multifunktionsjacken mitsamt ihrem Nachwuchs präsentieren. Offenbar glauben sie, dass so etwas flauschig rüberkommt. Aber, liebe Daddys, selbst wir Nichtmütter wissen, dass ein Kind keine kleine, süße Katze ist. Und Sätze wie „meine Kids stehen an erster Stelle“ sind zwar schön für die Kinder, aber für die potenzielle neue Partnerin eher nicht so.

Wobei: Wenigstens sind sie realistisch. Denn wenn die Trennung frisch und der Nachwuchs im Fall-Trotz-Schrei-Alter ist, müssen große Scheine herangeschafft, Betreuungszeiten geregelt und die Glutnester mit der „Mutter seiner Kinder“ gelöscht werden. Und ehe man sich versieht, ist man nicht nur love interest, sondern auch Familienberaterin.

Platz auf dem Sofa

Übernachtungen sind bei einem Daddy übrigens alles andere als selbstverständlich. Eine Trennung katapultiert ihn nämlich oft nicht viel weiter als auf die Familiencouch. Bei Daddys mit mehr (Abgrenzungs-)Vermögen gibt es immerhin eine eigene Bude mit, sagen wir: Potenzial. In diesem Fall steht jedoch die Befürchtung ins Haus, dass die alte Familie spontan vorbeischneit.

Deshalb machen Daddys ja auch so gern „Urlaub“ bei ihren „neuen Flammen“, also uns. Und das ist erst mal supertoll, weil das Kuschelfrenchtoastkinoweinchen heißt. Ergo: Lots of fun für, ähm, beide. Aber dann kommt irgendwann der Moment, wo Daddys selbst wieder Kind sein wollen. Und dann stehen sie beim Abwasch neben dir und fragen dich, ob sie ans Tablet dürfen, um ein bisschen zu daddeln.

Denn so ein Daddyleben ist sauanstrengend, zumal du dich ja dein Leben lang nur auf Daddys einlassen wirst, die ihre Kinder genauso hegen und pflegen, wie deren Ex-Partnerinnen es tun.

Die Begegnung mit dem Nachwuchs ist aber eher so: Juhu, sie mögen mich! Kurze Zeit später: Okay, doch nicht. Denn wer bist du schon. „Nicht die Mama.“ Eben. Und auch du bist ab und zu überfordert und manchmal soooo kurz davor, dich einzumischen. Tut man bei Erziehungsfragen aber nicht. Nicht mal bei diesem Daddy Move? Egal …

Taschentücher zum Abschied

Du versuchst freundlich zu bleiben, was dir nicht immer ganz gelingt, und kaufst Geschenke, immerzu Geschenke, und dann fragst du dich, ob du das alles willst. Also diese Daddy-Probleme, wobei das unfair ist, weil die Daddys sich deine Probleme ja auch anhören und das oft liebevoller als jeder Nichtdaddy. Und wenn du dann eines Tages heulend Schluss machst, haben sie sogar Taschentücher für dich dabei.

7 Nov 2024

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AUTOREN

Anna Fastabend

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