taz.de -- Verbrechen in Syrien 2011 und 2012: Anklage gegen mutmaßlichen Assad-Folterknecht

Erneut werden sich deutsche Richter*innen mit Staatsterror in Syrien befassen. Fahad A. soll Oppositionelle gefoltert und ermordet haben.
Bild: Ohne Folterknechte kein Regime: Pro Assad Demonstration in Damaskus 2011

Die Bundesanwaltschaft hat Anklage gegen einen Syrer erhoben, der in seinem Herkunftsland für das Assad-Regime gefoltert haben soll. Fahad A. wird Tötung, Folter und Freiheitsberaubung als Verbrechen gegen die Menschlichkeit sowie Mord vorgeworfen. Es ist nur der letzte in einer ganzen Reihe ähnlicher Fälle, in denen syrischer Staatsterror vor deutschen Gerichten verhandelt wird.

Die Vorwürfe gegen A. beziehen sich auf die Zeit ganz zu Beginn des Bürgerkriegs in Syrien. Ausgehend von Tunesien verbreiteten sich 2011 in zahlreichen arabischen Ländern Proteste gegen die jeweiligen autokratischen Herrscher – so auch in Syrien.

Das dortige Assad-Regime entschied sich für brutalstmögliche Repression. Landesweit ließen die verschiedenen syrischen Geheimdienste Oppositionelle festnehmen, foltern, verschwinden oder ermorden. An [1][diesen Verbrechen], noch bevor aus den Unruhen ein flächendeckender Krieg gegen die eigene Bevölkerung wurde, soll A. mitgewirkt haben.

Er soll dies in seiner Rolle als Wärter in dem Al-Khatib-Gefängnis des allgemeinen Geheimdienstes zwischen Ende April 2011 und Mitte April 2012 getan haben. In der Einrichtung wurden routinemäßig Gefange misshandelt und umgebracht. Die Bundesanwaltschaft wirft A. vor, an mindestens 100 solcher Verhöre beteiligt gewesen zu sein, bei denen die Gefangenen unter anderem mit Kabeln geschlagen und mit Stromstößen gequält wurden.

Mit kaltem Wasser übergossen

A. soll persönlich Gefangene an den Armen an der Decke aufgehängt haben und sie immer wieder mit kaltem Wasser übergossen haben. Mindestens 70 Gefangene sollen während A.s Tätigkeit an den Folgen solcher Misshandlungen gestorben sein.

Die deutsche Polizei hatte A. Ende Mai in Pirmasens (Rheinland-Pfalz) festgenommen. Er war offenbar 2023 nach Deutschland eingereist. Das Verfahren gegen ihn wird vor dem Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts Koblenz stattfinden.

Dort war A.s Name schon in einem anderen Gerichtsverfahren gefallen, in denen es um Verbrechen im Al-Khatib-Gefängnis ging. Anfang 2022 fiel dort [2][das Urteil gegen Anwar Raslan], einen ehemaligen Geheimdienst-Oberst, der der Vorgesetzte des nun angeklagten Fahad A. gewesen sein soll. R. war für die Folterung von rund 4.000 Personen und den Mord an 25 Personen verantwortlich, er erhielt eine lebenslange Gefängnisstrafe.

Im Juni 2025 wurde zudem der syrische Arzt Alaa M. in Koblenz [3][zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt.] Das Gericht sah es als erwiesen an, dass er im Auftrag des Assad-Regime in einem Militärkrankenhaus zwei Gefangene getötet und neun weitere gefoltert hatte. M. war nach seiner Flucht nach Deutschland zwischenzeitlich auch hier in Krankenhäusern tätig gewesen.

Grundlage für die juristische Verfolgung von Straftaten, die von Ausländern im Ausland begangen wurden, ist das sogenannte Weltrechtsprinzip. Das deutsche Völkerstrafgesetzbuch (VStGB) sieht vor, dass Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen auch dann vor deutschen Gerichten verhandelt werden können, wenn es keinen direkten Bezug zu Deutschland oder Deutschen gibt.

22 Dec 2025

LINKS

[1] /Foltergefaengnis-in-Syrien/!6052798
[2] /Historischer-Folter-Prozess-in-Koblenz/!5825396
[3] /Urteil-im-Folterprozess-in-Frankfurt/!6094153

AUTOREN

Frederik Eikmanns

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