taz.de -- Netanjahu kritisiert Australiens Premier: Eine unverschämte Intervention

Israels Ministerpräsident wirft Australiens Premierminister vor, an dem Bondi-Beach-Attentat mitschuldig zu sein – wegen dessen Unterstützung Palästinas.
Bild: Anthony Albanese ist das jüngste Ziel von Benjamin Netanjahus Anschuldigungen

Die [1][Intervention des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu] in die Debatte um die Ursachen [2][des Terroranschlags in Bondi Beach] hat in Australien unterschiedliche Reaktionen ausgelöst: von glühender Zustimmung für die Aussagen Netanjahus bei der Mehrheit der jüdischen Australierinnen und Australier bis hin zum empörten Vorwurf der Einmischung in der internen Angelegenheit in progressiven Kreisen. Die vielleicht ausgewogenste Reaktion kam vom Ziel Netanjahus Attacke selbst, dem australischen Premierminister Anthony Albanese. Immer der Pragmatiker, ließ er sich kaum auf Diskussionen zum Thema ein und fokussierte stattdessen das Leid der Opfer.

Zur Erinnerung: Netanjahu warf Albanese praktisch vor, [3][verantwortlich zu sein für das Verbrechen]. Denn die Unterstützung seiner Regierung für einen Staat Palästina „gieße Öl ins antisemitische Feuer“ und ermutige diejenigen, „die australischen Juden bedrohen, und schürt den Judenhass, der jetzt auf Ihren Straßen herrscht“. Ein absurder Vorwurf, wenn man bedenkt, dass sich Australien mit seiner Forderung in eine lange Reihe von Ländern stellt, die dasselbe wollen: eine Beruhigung in einem der längsten und blutigsten Konflikte auf dem Globus.

Netanjahus Vorwurf, Albanese habe dem Antisemitismus seit Beginn des Gazakrieges praktisch freien Lauf gelassen, ist noch ungerechter. Albanese habe „Schwäche durch Schwäche und Beschwichtigung durch noch mehr Beschwichtigung ersetzt“. Das Gegenteil ist der Fall: Albanese und seine Minister haben nicht nur in unzähligen Stellungnahmen Antisemitismus verurteilt. Seine Regierung ernannte eine Sonderbeauftragte, die Fälle von Judenhass sammelt. Sicherheitsbehörden sind angewiesen, mit aller Härte gegen jede Form von Antisemitismus vorzugehen.

Netanjahus Intervention ist eine unverschämte Einmischung in die internen Angelegenheiten eines Landes, zu einer Zeit, in der die ganze Nation schwer traumatisiert ist. Sein Ziel, die bereits große Unterstützung in der jüdischen Gemeinschaft Australiens für seine Politik in Gaza weiter auszubauen, hat er damit aber erreicht.

16 Dec 2025

LINKS

[1] /Reaktionen-in-Israel-auf-Terroranschlag/!6138282
[2] /Anschlag-in-Sydney/!6138750
[3] /Terroranschlag-in-Australien/!6138157

AUTOREN

Urs Wälterlin

TAGS

Nahost-Debatten
Sydney
Gaza
Australien
Palästina
Benjamin Netanjahu
Antisemitismus
Israel
GNS
Feiertag
Sydney
Australien

ARTIKEL ZUM THEMA

Nach dem Anschlag an Chanukka: Zusammen sind wir ein starkes Licht

Terroristen wie die vom australischen Bondi Beach morden aus Hass und wollen Hass schüren. In dunklen Zeiten wie diesen ist jeder Funke Solidarität notwendig.

Anschlag in Sydney: Mutmaßliche Täter reisten wohl auf die Philippinen

Die Schützen von Bondi Beach waren offenbar vom „IS“ inspiriert. Auf den Philippinen sollen sie eine Region besucht haben, in der es öfter zu Anschlägen kommt.

Der Held von Bondi Beach: Er wollte nur einen Kaffee trinken

Um den Obstverkäufer, der einen der Angreifer von Sydney überwältigte, rankten sich zunächst Verschwörungstheorien. Spenden bescheren ihm nun mehr als 550.000 Dollar.