taz.de -- Terroranschlag in Australien: Netanjahu gibt Australiens Regierung eine Mitschuld

Weltweites Entsetzen über den antisemitischen Anschlag an Chanukka. Ein Passant, der einen der Angreifer entwaffnen konnte, wird als Held gefeiert.
Bild: Benjamin Netanjahu, Ministerpräsident von Israel, macht der australischen Regierung nach dem Anschlag am Bondi Beach Vorwürfe

rtr / dpa | Weltweit haben sich Politiker über den [1][Anschlag in Australien] bestürzt gezeigt: „Antisemitismus hat in dieser Welt keinen Platz. Unsere Gebete sind bei den Opfern dieses schrecklichen Anschlags, der jüdischen Gemeinde und dem australischen Volk“, schrieb US-Außenminister Marco Rubio in einem Beitrag auf X. Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) erklärte am Sonntag auf der Internetplattform X, der Terroranschlag sei „ein Akt des Hasses“, der sich am ersten Tag von Chanukka gegen alle Jüdinnen und Juden weltweit richte. „Meine Gedanken sind bei den Familien der Ermordeten, den Verletzten und der jüdischen Gemeinde.“

Der Anschlag am berühmten Bondi Beach trug sich am ersten Tag des jüdischen Chanukka-Festes zu. Dort hatten sich viele Familien zu dem Fest versammelt. Bei dem Anschlag wurden offiziellen Angaben zufolge zwölf Menschen getötet, 29 Menschen wurden in Krankenhäuser gebracht, unter ihnen zwei Polizisten.

Australiens Premierminister Albanese berief eine Sitzung des nationalen Sicherheitsrates ein. „Dies ist ein gezielter Angriff auf jüdische Australier am ersten Tag von Chanukka, der eigentlich ein Tag der Freude und des Glaubens sein sollte“, sagte er. „In diesem dunklen Moment für unsere Nation arbeiten unsere Polizei und Sicherheitsbehörden daran, alle an dieser Gräueltat Beteiligten zu ermitteln.“ Zur Identität der beiden Attentäter äußerten sich die Behörden zunächst nicht. Einer der Täter soll ihnen aber bekannt gewesen sein, hieß es.

Ein mutiger Passant hat Schlimmeres verhindert

Das mutige Eingreifen eines Passanten bei dem Angriff hat womöglich vielen Menschen das Leben gerettet. Der Mann überwältigte und entwaffnete einen der Angreifer. Auf in sozialen Medien verbreiteten Videos ist zu sehen, wie er einen der Schützen von hinten zu Boden stößt und ihm das Gewehr entreißt. Die Nachrichtenagentur Reuters konnte die Echtheit des Videos bestätigen. Politiker würdigten die außergewöhnliche Tapferkeit des Mannes, der sein eigenes Leben riskiert habe, um das anderer zu retten. Der Regierungschef des Bundesstaates New South Wales, Chris Minns, bezeichnete die Entwaffnung des Schützen als „die unglaublichste Szene, die ich je gesehen habe“. „Dieser Mann ist ein wahrer Held, und ich habe keinen Zweifel, dass heute Abend viele, viele Menschen dank seiner Tapferkeit noch am Leben sind“, sagte Minns.

Auf der Plattform X kursierten Videos, in denen zu sehen ist, wie Menschen am Strand und in einem nahegelegenen Park auseinanderliefen, während Schüsse und Polizeisirenen zu hören waren. Der Bondi Beach ist einer der berühmtesten Strände der Welt und an warmen Wochenenden üblicherweise gut besucht.

Der Angriff ereignete sich fast auf den Tag genau elf Jahre nach der [2][Geiselnahme in einem Lindt-Café in Sydney]. Damals hatte ein einzelner Bewaffneter 18 Menschen als Geiseln genommen. Zwei der Geiseln starben, der Täter wurde getötet. Australien gilt als [3][eines der sichersten Länder der Welt]. Der Angriff vom Sonntag war der schlimmste Vorfall dieser Art im Land seit 1996, als ein Bewaffneter an einem Touristenort im südlichen Bundesstaat Tasmanien 35 Menschen tötete.

Antisemitismus in Australien hat zugenommen

Seit Beginn von Israels Krieg im Gazastreifen im Oktober 2023 gab es in Australien eine Reihe antisemitischer Angriffe auf Synagogen, Gebäude und Autos. In Australien leben laut offiziellen Zahlen rund 117.000 Jüdinnen und Juden. Im Sommer wurden Synagogen in Brand gesteckt und Juden in Sydney und Melbourne angegriffen. Albanese machte im August den Iran für zwei der Anschläge verantwortlich. Er kappte die diplomatischen Beziehungen zu dem Land.

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu machte der australischen Regierung nach dem Anschlag dennoch schwere Vorwürfe. Er habe seinen Amtskollegen gewarnt, dass die Politik des Landes den Antisemitismus schüre, sagte Netanjahu am Sonntag. Antisemitismus verbreite sich, „wenn führende Politiker schweigen“, betonte Netanjahu. „Sie müssen Schwäche durch Handeln ersetzen.“

Die scharfe Kritik Netanjahus folgt auf ähnliche Äußerungen seines Außenministers Gideon Saar. Dieser [4][hatte erklärt, der Anschlag sei das Ergebnis von „antisemitischen Ausschreitungen“] auf den Straßen Australiens. Australien hatte, wie auch Großbritannien, Kanada, Neuseeland und Norwegen, im Juni 2025 Sanktionen gegen Israels rechtsextreme Minister Ben-Gvir und Smotrich verhängt, weil diese zu Gewalt aufgerufen hätten. Israel reagierte damals empört.

14 Dec 2025

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