taz.de -- Eine Milliarde Euro für Tropenwälder: Deutschland unterstützt den Waldschutz-Fonds TFFF

Die Waldzerstörung ist weltweit auf Rekordstand. Zusammen mit anderen Geberländern will Berlin über einen Fonds für den Schutz der Regenwälder sorgen.
Bild: Regenwald im brasilianischen Bundesstaat Pará: Wer seine Wälder erhält, bekommt Geld aus dem Fonds

afp | Deutschland hat bei der [1][UN-Klimakonferenz im brasilianischen Belém] mit der Ankündigung von sich reden machen, eine Milliarde Euro für den [2][Waldschutz]-Fonds Tropical Forests Forever Facility (TFFF) bereitzustellen. Das Geld aus dem Entwicklungs- und dem Umweltministerium soll in einem Zeitraum von zehn Jahren fließen. Wie einige andere Geberländer will Deutschland auf diese Weise dazu beitragen, die riesigen tropischen Regenwälder als grüne Lunge der Erde zu bewahren.

Warum wird der TFFF-Fonds gebraucht?

Die meisten naturbelassenen Regenwälder befinden sich in ärmeren Tropenländern. Bislang bringt Waldzerstörung für Landwirtschaft oder Bergbau diesen Ländern mehr ein als Waldschutz.

Auch wenn etwa in Brasilien die Waldzerstörung in den vergangenen Jahren zurückging, bleibt sie weltweit immer noch auf Rekordstand: 2024 ging jede Minute Urwald von der Fläche von 18 Fußballfeldern verloren. Für die Erde ist das eine alarmierende Entwicklung, denn die Regenwälder sind wichtig für den Artenschutz und die Stabilisierung des Klimas.

Wie soll der TFFF funktionieren?

Der Fonds beruht auf der Idee, eine verlässliche, langfristige Einnahmequelle für den Waldschutz zu haben. Förder-Staaten, die bereit sind, eventuelle anfängliche Verluste des Fonds auszugleichen, sollen insgesamt 25 Milliarden Dollar (21,74 Milliarden Euro) bereitstellen. Mithilfe dieser staatlichen Absicherung sollen dann weitere 100 Milliarden Dollar von privatwirtschaftlichen Investoren wie Anlagefonds eingesammelt werden. Als Anreiz sollen diese bei Auszahlungen aus dem Fonds den Vortritt vor den staatlichen Investoren haben.

Das TFFF-Kapital soll in Kapitalmärkte insbesondere in Schwellenländern gesteckt werden, um Gewinne zu erzielen. Diese sollen – abzüglich der Rendite für die Investoren – an tropische Länder mit niedrigen Entwaldungsraten fließen. Überprüft werden soll der jeweilige Walderhalt eines Landes mithilfe von Satelliten.

Diese Herangehensweise unterscheidet sich vom Emissionshandel oder traditionellen Hilfskrediten, bei dem die Gelder in bestimmte Aufforstungsprojekte fließen. Nach Einschätzung von Pakhi Das, die den Fonds für die Non-Profit-Initiative Plant-for-the-Planet analysiert hat, ist der TFFF „für beide profitabel“ – für die Tropenwald-Länder ebenso wie für die Geber-Länder.

Wer profitiert?

Die brasilianische Regierung erwartet nach eigenen Angaben, dass der Fonds jährlich vier Milliarden Dollar für den Waldschutz generiert. Es wurden 74 waldreiche Länder identifiziert, die davon profitieren könnten. In der Realität dürfte die Zahl zumindest am Anfang aber deutlich niedriger sein.

Nur Länder mit einer niedrigen jährlichen Entwaldungsrate von unter 0,5 Prozent sollen Auszahlungen bekommen. Dies müssen sie Jahr für Jahr erneut nachweisen.

Das Prinzip ist laut dem Chef der Umweltorganisation WWF in Brasilien, Mauricio Voivodic, „ziemlich unkompliziert“. Wenn nicht genügend Wald erhalten werde, gebe es eben kein Geld mehr.

Das Fonds-Konzept soll Experten zufolge auch anderen Ländern einen Anreiz zum Schutz ihrer Wälder bieten. Schließlich seien die in Aussicht stehenden Ausschüttungen doppelt oder drei Mal so hoch wie die jeweiligen nationalen Waldschutz-Ausgaben.

Die drei äußerst waldreichen Länder Brasilien, Indonesien und die Demokratische Republik Kongo könnten zumindest theoretisch jeweils hunderte Millionen Dollar jährlich aus dem Fonds erhalten, wenn sie die Waldzerstörung vollständig stoppen.

Wird das funktionieren?

Brasilien kündigte bereits im September eine Milliarde Dollar (871 Millionen Euro) für den Fonds an. Nach seiner Einschätzung reichen für den Start zunächst zehn Milliarden Dollar, die bis Jahresende zusammenkommen sollen. Eine weitere Milliarde Dollar sagte Indonesien zu.

Norwegen will in den kommenden Jahren sogar rund drei Milliarden Dollar bereitstellen, wenn genügend andere mitmachen. Frankreich kündigte 500 Millionen Euro an und Portugal eine Million Dollar. Damit war kurz nach dem Startschuss die Hälfte der zehn Milliarden bereits in Reichweite.

[3][Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU)] sagte vor knapp zwei Wochen in seiner Rede beim Klimagipfel in Belém „einen namhaften Betrag zum Gelingen dieser Initiative“ zu, ohne eine konkrete Summe zu nennen. Die nun erfolgte Zusage von einer Milliarde Euro, umgerechnet 1,16 Milliarden Dollar, erntet bei Umweltorganisationen wie Greenpeace Lob. Sie betonen aber zugleich, dass Deutschland nun auf eine funktionierende und transparente Ausgestaltung des Fonds hinwirken müsse.

Einige Diplomaten und Experten haben Zweifel an den Überprüfungsverfahren des Fonds. Auch ist unklar, ob er die guten Kreditwürdigkeitsnoten erhält, die er zur Gewinnung von genügend Investoren braucht, und ob er die erhofften Auszahlungen erwirtschaftet.

Beobachter heben zudem hervor, dass es derzeit schwierige Zeiten sind, um Regierungen um große Beiträge für den Waldschutz zu bitten. Im Laufe der Zeit könne das Langfrist-Projekt aber an Zulauf gewinnen.

20 Nov 2025

LINKS

[1] /Weltklimakonferenz/!6131003
[2] /Beschuetzer-des-Regenwaldes/!6128053
[3] /Nach-peinlichem-Auftritt/!6131142

TAGS

Weltklima
Weltklimakonferenz
Regenwald
Klima
Umwelt
Schwerpunkt Klimawandel
Weltklimakonferenz
Kolumne Änder Studies
Schwerpunkt Artenschutz
Nashorn
Stadtbild-Debatte
Regenwald
Schwerpunkt Klimawandel
Weltklimakonferenz

ARTIKEL ZUM THEMA

Greenpeace spricht von „Waldnotstand“: Der vergessene Wald Südamerikas

Beim Waldschutz denkt alle Welt gleich an den Amazonas. Derweil verschwindet Südamerikas größter Trockenwald in rasantem Tempo: der Gran Chaco.

Rechtsruck: Ich bleibe Klimaaktivist*in und bekämpfe Faschos

Nächstes Jahr könnte die AfD Teil einer Landesregierung werden. Damit sozialer Klimaschutz eine Chance hat, müssen wir jetzt gegen sie organisieren.

Artenschutzkonferenz in Usbekistan: Der Hai soll aus dem Warenkorb

In Usbekistan treffen sich die Vertragsstaaten des Washingtoner Artenschutzabkommens. Sie wollen den Handel mit bedrohten Tieren und Pflanzen regulieren.

Artenschutzkonferenz in Usbekistan: Schicksal von mehr als 200 Arten auf dem Verhandlungstisch

Am Montag startet die internationale Artenschutzkonferenz. Harte Verhandlungen zum Handel mit Elfenbein, Haien und Fröschen werden erwartet.

Stadtbild-Debatte: Stiller Protest gegen Friedrich Merz

Als der Kanzler kam, gingen sie: Stipendiat:innen der Deutschlandstiftung Integration verließen während seiner Rede den Saal.

Deutscher Beitrag zu Regenwäldern: Einfach mal ausprobieren

Der Tropenwaldfonds soll Länder finanziell belohnen, die ihre Regenwälder schützen. Deutschland beteiligt sich mit einer Milliarde an dem Fonds. Zu wenig?

CO₂-Zertifikate in indigenen Gebieten: Wie Indigene auf der Klimakonferenz Widerstand leisten

Projekte für CO₂-Zertifikate führen in indigenen Gebieten oft zu Menschenrechtsverletzungen. Auf dem UN-Klimagipfel bildet sich Widerstand.

Nach peinlichem Auftritt: Merz empört Lateinamerika

Der Kanzler hatte sich despektierlich über die brasilianische Stadt Belém geäußert, in der die UN-Klimakonferenz stattfindet. Jetzt hagelt es Kritik.