taz.de -- Tour de Femmes: „Die Konkurrenz wird immer härter“

Seit Samstag kämpfen die besten Rennradfahrerinnen bei der Tour de France Femmes um den Titel. Titelverteidigerin Kasia Niewiadoma über brutale Anstiege und die richtigen Ruhepausen.
Bild: Rennradprofi Katarzyna „Kasia“ Niewiadoma im Gelben Trikot bei der Tour de France der Frauen 2024

Die Tour de France hat am Sonntag mit ihrem Finale in Paris geendet, am Samstag startete die [1][Tour de France Femmes] in der Bretagne. Sie hat ihren Höhepunkt dabei auf dem Col de la Madeleine, den die Männer vergangenen Donnerstag bezwangen. Als Titelverteidigerin geht die Polin Katarzyna „Kasia“ Niewiadoma ins Rennen. Die Kapitänin des deutschen Rennstalls Canyon//SRAM zondacrypto gewann im letzten Jahr in einem Herzschlagfinale mit nur vier Sekunden Vorsprung. Jetzt ist sie mit dem Handicap nach Frankreich gereist, bis auf die polnischen Meisterschaften im Juni kein einziges Rennen in dieser Saison gewonnen zu haben.

taz: Kasia Niewiadoma, wie ist das Leben als Tour-de-France-Siegerin? Was hat sich verändert? Müssen Sie jetzt nicht mehr Schlange stehen im Supermarkt und werden auch am Flughafen bevorzugt abgefertigt?

Kasia Niewiadoma: In meinem Privatleben hat sich nicht so viel verändert. Ich habe den Raum, den ich gemeinsam mit meinem Ehemann (dem Ex-Profi Taylor Phinney) kreiere. Natürlich wird man bei bestimmten Anlässen, den Rennen vor allem, auf mich aufmerksam. Aber ich schenke dem nicht so viel Beachtung. Die Leute sagen mir dann oft, wie sie die Tour-de-France-Etappen erlebten, welche Emotionen das bei ihnen auslöste. Und auf diese Weise fühle ich mich ihnen auch verbunden. Und ich finde es gut, dass der Frauenradsport mehr Aufmerksamkeit erfährt. Denn gerade die Königsetappe der Tour hat ja viele Menschen in ihren Bann gezogen.

taz: Der erste Teil der Saison verlief für Sie alles andere als grandios. Sie waren zum Saisonstart krank, bei den Strade Bianche stürzten Sie. Wie fällt ein erster Rückblick aus?

Niewiadoma: Beim ersten Teil der Saison gab es wirklich nichts, worauf ich richtig stolz sein könnte. Ich weiß, dass ich alles getan habe, um mich in die bestmögliche Form zu bringen. Aber im Radsport gibt es immer Faktoren, die du nicht kontrollieren kannst. Genau das ist mir passiert. Vielleicht hätte ich mich mehr auf Ruhepausen konzentrieren sollen, mir mehr Zeit vor dem Training oder vor Rennen geben sollen. Aber es handelt sich ja um die Klassiker, um bedeutende Rennen, und die willst du auch nicht verpassen. Du steckst dann in dieser Falle drin, denn du willst performen und keine Pause einlegen, selbst wenn das vielleicht besser wäre. Ich schaue aber nicht mit Zorn zurück. Denn ich habe etwas gelernt. Ich habe dann eine kleine Pause gemacht, bin nach Boulder geflogen, wo mein Mann herkommt. Wir haben dort etwas Höhentraining absolviert und Zeit mit seiner Familie verbracht. Danach bin ich zurück nach Europa und fühle mich jetzt wieder als ich selbst.

taz: Eine Lektion aus dem Frühjahr wäre also, dem Körper auch die Ruhe zu geben, die er braucht?

Niewiadoma: Ja, und nicht so schnell zu den Rennen zu gehen. Aber es ist auch schwer, zum richtigen Zeitpunkt die richtige Entscheidung zu treffen. Denn als Athletin willst du ja Leistung zeigen. Ruhepausen richtig zu wählen, ist also leichter gesagt als getan.

taz: Der entscheidende Berg der Tour de France Femmes wird sicherlich der Col de la Madeleine. Wie sind Ihre Erfahrungen mit dem Anstieg?

Niewiadoma: Der Berg ist einfach brutal, es geht über die schiere Kraft hinaus. Da muss man auch gar nicht darüber reden, wo man vielleicht eine Attacke setzt. Entweder hast du an diesem Tag die Beine oder du hast sie nicht. Bis zum Fuß des Anstiegs musst du so viel Kraft wie möglich sparen und danach am besten den besten Tag deines Lebens haben.

taz: Dieses Jahr haben wir eine besondere Situation. Das einstige Superteam SD Worx hat sich zersplittert, [2][Demi Vollering] ist weggegangen, ebenso Marlen Reusser. Beide sind Kapitäninnen in ihren neuen Teams. Auch SD Worx sollte man mit Anna van der Breggen nicht abschreiben. Macht es das für Sie leichter, dass das Superteam nicht mehr so super stark ist oder ist es schwerer, weil man nun auf viel mehr Rivalinnen mit Unterstützung in ihren jeweiligen Teams achten muss?

Niewiadoma: Ja, die Konkurrenz im Frauenradsport wird immer härter, die Leistungsdichte nimmt zu. Dass die starken Fahrerinnen jetzt über mehr Teams verteilt sind, macht die Rennen dynamischer und interessanter, finde ich. Und viele Teams richten jetzt auch Höhentrainingslager nicht nur für die Leader, sondern auch die Helferinnen aus. Da werden viele super gut vorbereitet zur Tour kommen.

taz: Mit welchen Erwartungen fahren Sie selbst zur Tour?

Niewiadoma: Ich habe alles getan, was ich tun konnte, um in guter Form nach Frankreich zu kommen. Es ging auch nichts schief. Vor dem Rennen kommt es darauf an, so ruhig wie möglich zu werden und dann geht die wilde Jagd los.

taz: Haben Sie eine Lieblingsetappe bei dieser Tour?

Niewiadoma: Ja, ich mag die ersten beiden Etappen wegen der Gegend dort. Sie sind auch kurz und es kann sehr intensiv werden. Später dann, in den Bergen, wird es sicher selektiver. Aber auf die ersten beiden Etappen freue ich mich.

taz: Auch im Frauenradsport wird das Material immer wichtiger. Spüren Sie, dass Material und aerodynamisches Design Sie schneller werden lässt?

Niewiadoma: Ich habe Vertrauen in die Entwicklungen und Innovationen. Jedes Mal kommt etwas Neues hinzu. Und mir macht es Spaß, das auszuprobieren. Es arbeiten viele Ingenieure für uns. Und es ist einfach toll, mit solchem Material arbeiten zu können.

29 Jul 2025

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AUTOREN

Tom Mustroph

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