taz.de -- Zollstreit mit den USA: Merz will zur Not „schmutzigen Deal“

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) war auf seinem ersten EU-Gipfel. EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen handelt ihm nicht schnell genug.
Bild: Kanzler Merz auf seinem ersten EU-Gipfel

Brüssel taz | Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) bleibt rhetorisch beim Unrat: Gerade noch hatte er Israels Angriffe auf den Iran [1][„Drecksarbeit“ genannt], nun forderte er bei seinem ersten EU-Gipfel dazu auf, im Zollstreit mit US-Präsident Donald Trump schneller zu agieren und zur Not auch einen „schmutzigen“ Deal zu akzeptieren.

Das war ein Seitenhieb auf Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Merz ist mit seiner CDU-Parteifreundin unzufrieden und ließ es auf dem Gipfel, der in der Nacht zum Freitag endete, alle wissen. [2][Bis zum 9. Juli] – der von Trump gesetzten Deadline – müsse ein Deal her. Lieber „quick and dirty“ als gar nicht, so sein Motto.

Das ist eine neue Ansage. Bei seinem Amtsantritt hatte Merz noch ein umfassendes Abkommen gefordert, das alle Zölle im transatlantischen Handel auf null senkt. Nun will er sich offenbar auch mit einem pauschalen US-Zoll von zehn Prozent abfinden – nur schnell muss es gehen.

Wie ein solcher Deal im Detail aussehen könnte, blieb offen. Man wisse ja gar nicht, was von der Leyen bisher ausgehandelt habe, beschwerte sich Merz. Die Kommissionspräsidentin konterte mit der überraschenden Ankündigung, gerade erst sei ein neues Angebot der USA hereingekommen.

Details zu US-Angebot noch nicht bekannt

Was darin steht, wurde jedoch auch nicht bekannt. Weder von der Leyen noch EU-Ratspräsident Antonio Costa wollten gegenüber der Presse über den Inhalt sprechen. „Wir sind zu einer Einigung bereit“, sagte von der Leyen knapp und fügte hinzu: „Alle Optionen bleiben auf dem Tisch.“

Dazu gehören auch Gegenzölle auf US-Produkte im Wert von 95 Milliarden Euro. Merz äußerte Unterstützung für diesen Kurs. „Wenn es keine Vereinbarung über die Zölle gibt, dann ist die EU bereit und in der Lage, auch entsprechende eigene Maßnahmen zu ergreifen“, sagte er.

Dann kam die zweite Überraschung: Der Kanzler kündigte an, dass man in Brüssel über Alternativen zur Welthandelsorganisation WTO nachdenke. Das sei ursprünglich eine Idee von der Leyens gewesen, er habe aber auch schon mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron darüber gesprochen.

Auch hier blieben Merz und von der Leyen allerdings die Details schuldig. Es gehe um eine „neue Art von Handelsorganisation“, die schrittweise ersetzen könnte, „was wir mit der WTO heute nicht mehr haben“, sagte der Kanzler. Vor allem die Streitschlichtung funktioniere nicht mehr.

Schuld daran sind die USA. Schon in seiner ersten Amtszeit hatte sich Trump von der WTO distanziert und die Schiedsgerichte durch Nichtbesetzung lahmgelegt. [3][Seither geht fast gar nichts mehr]. Allerdings ist auch unklar, wie eine WTO 2.0 ohne die Amerikaner funktionieren soll.

Der Vorschlag bleibt im Ungefähren, Beschlüsse wurden nicht gefasst. Das gilt auch für meisten anderen Themen: Selten gab es so wenig greifbare Ergebnisse wie bei Merz’ erstem EU-Gipfel. Dafür sei er aber „ausgesprochen freundlich“ empfangen worden, freute sich der CDU-Chef.

Angesichts der vielen Streitigkeiten, Konflikte und Kriege ist da ja auch schon was.

27 Jun 2025

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AUTOREN

Eric Bonse

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