taz.de -- Staatengipfel in Madrid: Druck auf Israel nimmt zu

20 Staaten wollen mehr Druck auf Israel ausüben. Das beschlossen sie auf einem Treffen in Madrid. Es geht um eine Aussetzung des Abkommens der EU mit Israel.
Bild: Familienfoto während des Ministertreffens in Madrid zur Umsetzung der Zweistaatenlösung

Madrid taz | Der internationale Druck auf Israel wächst. Am Sonntag nahmen hochrangige Vertreter von 20 Ländern, der Arabischen Liga, der Europäischen Union und der Konferenz für islamische Zusammenarbeit (OIC) an einer Diskussion im spanischen Außenministerium in Madrid teil, um nach Wegen zu suchen, die Regierung Benjamin Netanjahus unter Druck zu setzen, damit diese den [1][Vernichtungskrieg und die Blockade gegen Gaza] beendet. Das waren doppelt so viele Teilnehmer wie noch vergangenen September. Erstmals waren auch Deutschland, Frankreich, Großbritannien sowie Italien vertreten.

Geladen zu diesem sogenannten Madrid+-Treffen hatte Spaniens Regierung unter dem Sozialisten Pedro Sánchez. „Nichts, was wir heute hier tun, nichts, was wir heute hier sagen, richtet sich gegen Israel oder den Staat Israel“, erklärte der spanische Außenminister José Luis Albares vor Beginn des Treffens. Alle Anwesenden würden „die legitimen Forderungen des israelischen Volkes nach Sicherheit und Frieden“ berücksichtigen sowie die Freilassung der [2][Geiseln], die noch immer von der Terrorgruppe Hamas festgehalten werden, fordern.

„Aber das palästinensische Volk hat genau dasselbe Recht auf Frieden und Sicherheit wie das Volk Israels“, argumentierte der Minister. Der Konflikt im Gazastreifen habe längst das erträgliche Maß überschritten. [3][Die humanitäre Hilfe, die Israel nach Gaza durchlässt], sei „völlig unzureichend“. Er verlangte, dass die Vereinten Nationen bestimmen, was wann wohin gelangt. „Israel kann nicht entscheiden, wer wann und in welcher Menge Lebensmittel erhält“, beklagte er.

Es gehe darum, „den ungerechten, grausamen und unmenschlichen israelischen Krieg im Gazastreifen zu beenden, die Blockade der humanitären Hilfe zu durchbrechen und endgültig auf dem Weg zur Zweistaatenlösung voranzukommen“, steckte Albares die Ziele des Gastgeberlandes ab. Spanien hatte nach dem Einmarsch Israels in Gaza Palästina als Staat anerkannt. Um Netanjahu ernsthaft unter Druck zu setzen, warb der Minister für Sanktionen und für ein Waffenembargo seitens der EU. „Was ist die Alternative zu zwei Staaten: alle Palästinenser töten? Sie deportieren, vielleicht zum Mond?“ fragte er später in einem Interview im spanischen Fernsehsender La Sexta.

Norwegen macht Druck für Zweistaatenlösung

„Immer mehr Länder kommen zum Schluss, dass das hier beendet werden muss“, erklärte auch der norwegische Außenminister Espen Barth Eide. Sein Land hatte, ebenso wie Spanien, Palästina jüngst anerkannt. Für den norwegischen Chefdiplomaten lässt sich nur über eine Zweistaatenlösung der Konflikt endgültig beenden und eine Normalisierung der Beziehung der arabischen Staaten mit Israel herbeiführen. Er forderte die EU und die Arabische Liga auf, gemeinsam zu versuchen, die US-Regierung unter Donald Trump für einen Friedensprozess zu gewinnen.

Sowohl Spanien als auch Norwegen sehen sich ganz besonders berufen, diplomatisch in den Nahostkonflikt einzugreifen, waren es doch deren beiden Hauptstädte, Madrid und Oslo, in denen 1991 und 1993 das sogenannte Osloer Abkommen zwischen beiden Konfliktparteien ausgehandelt wurde, das zur palästinensischen Autonomie führte. Der Name Madrid+ der jetzigen Treffen soll genau daran erinnern.

26 May 2025

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AUTOREN

Reiner Wandler

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