taz.de -- Mögliches Ende des Radiosenders Cosmo: Bedrohtes Stück Heimat im Gurbet

Unsere Autorin startete als Kinderreporterin bei Cosmo in den Journalismus. Dort stehen migrantische, junge, queere Perspektiven im Zentrum.
Bild: Dort wo Cosmo groß wurde, die Gastarbeiterheime der BRD

Cosmo, das mehrsprachige Radioprogramm der ARD, steht vor dem Aus. Der einzige Sender, der mehrsprachig aus migrantischer Perspektiven sendet und gesellschaftliche Vielfalt hörbar macht, [1][soll aus Spargründen abgeschafft werden]. Diese Nachricht trifft ein Publikum, das ohnehin schon viel zu selten in deutschen Medien repräsentiert wird: migrantische Communitys. Denn der Sender stellt ihre Perspektiven konsequent in den Mittelpunkt und sendet in zehn verschiedenen Sprachen.

Doch Cosmo war nie nur Radio, sondern Anknüpfungspunkt für viele weitere Angebote – zum Beispiel Konzerte und einen Instagram-Account – für junge, migrantische und auch queere Menschen. Auch diese gehen durch ein Aus von Cosmo verloren.

Das mögliche Ende von Cosmo ist für mich persönlich. Ich durfte als Kinderreporterin dort zum ersten Mal ins Mikro sprechen, und das zweisprachig. „Mein eines Ohr ist türkisch, das andere ist deutsch“, sagte ich damals. Dass ich beide Sprachen spreche, war ausnahmsweise mal ausdrücklich gewünscht. Deutsch-türkische Zweisprachigkeit wird sonst meist nicht als Vorteil gesehen.

Für meine Großeltern, die in den 60ern als sogenannte „Gastarbeiter“ nach Deutschland kamen, war es ein Moment des Stolzes: Ihre Enkelin im [2][deutsch-türkischen Radio]. Für sie war Cosmo, das damals noch Funkhaus Europa hieß, ein Stück Heimat im „Gurbet“, dem Leben in der Fremde.

Dass genau dieses Programm jetzt verschwinden soll, ist ein fatales Signal. Cosmo steht für Teilhabe, für Repräsentation, für Diversität. Und gerade in einer Zeit, in der Vielfalt im politischen Diskurs als etwas Negatives dargestellt wird, ist so ein Sender wichtiger denn je. Mit [3][der Petition], die gerade für den Erhalt kämpft, gibt es immerhin noch einen Rest Hoffnung.

Was besonders bitter ist: Es gibt keinen Plan B. Die ARD hat keine Idee, wie migrantische Zielgruppen künftig erreicht werden sollen. Einfach streichen, und dann? Ich persönlich finde das ignorant. Die GEZ zahlt man unabhängig von der Staatsbürgerschaft. Cosmo muss bleiben, wenn die ARD es ernst meint, gesellschaftliche Vielfalt in ihrem Programm abzubilden.

5 Jun 2025

LINKS

[1] /ARD-will-Radiosender-Cosmo-abschaffen/!6088625
[2] /Radio-auf-Tuerkisch/!6045264
[3] https://innn.it/savecosmoradio#info

AUTOREN

Leyla Roos

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