taz.de -- Geheimdienst-Chef Bar muss gehen: Netanjahu-Regierung gegen Geheimdienst
In Israel will Netanjahu mit Schin Bet-Chef Ronen Bar eine weitere kritische Stimme absetzen. Noch in dieser Woche soll das Kabinett entscheiden.
Jerusalem taz | Noch in dieser Woche soll Israels Kabinett über die Entlassung von Ronen Bar, dem Chef des Inlandsgeheimdienstes Schin Bet, abstimmen. Am Sonntag dürfte ein Misstrauensvotum über die Zukunft von [1][Generalstaatsanwältin Gali Baharav-Miara folgen.] Beide zählen nicht nur zu den wenigen verbliebenen kritischen Spitzen israelischer Behörden – ihre Institutionen leiten auch Ermittlungen gegen Regierungschef Benjamin Netanjahu und dessen Umfeld. Kritiker fürchten um die Unabhängigkeit dieser Behörden.
In den vergangenen Monaten hat sich der Konflikt zwischen Netanjahu und Bar, der Schin Bet seit 2021 führt, zugespitzt. Am Sonntag kündigte Netanjahu an, Bars Entlassung einzuleiten. Wie schon bei der [2][Entlassung von Verteidigungsminister Joav Galant] im November begründete der dabei nicht um Superlative verlegene Regierungschef dies mit fehlendem Vertrauen „inmitten unseres Kampfes ums Überleben“.
Bar antwortete ungewöhnlich deutlich: Netanjahus Erwartung eines „persönlichen Vertrauensverhältnisses“ stehe im Widerspruch zum Interesse der Öffentlichkeit. Er wolle erst abtreten, wenn alle im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln zurückgekehrt seien.
Der Geheimdienstchef hatte bereits die Leitung der Verhandlung zum Waffenstillstand im Gazakrieg an einen Vertrauten Netanjahus abgeben müssen. Jüngst veröffentlichte der Schin Bet einen Bericht zu Versäumnissen, die den Überraschungsangriff der Hamas am 7. Oktober ermöglicht hatten. Darin räumte die Behörde Versagen ein, gab aber der Regierung eine Mitschuld.
Netanjahu weist Schuld von sich
Zudem gilt Bar als Befürworter einer staatlichen Untersuchungskommission zum Hamas-Angriff. Netanjahu hat, anders als die Spitzen der Sicherheitsbehörden, bisher jede [3][Verantwortung für den 7. Oktober] zurückgewiesen und ist gegen eine solche Kommission. Kritiker werfen ihm unter anderem vor, jahrelang finanzielle Hilfe aus Katar für die Hamas zugelassen und so die rivalisierende Palästinensische Autonomiebehörde im Westjordanland geschwächt zu haben.
Die Politikwissenschaftlerin Gayil Talshir sieht den Anlauf für Bars Entlassung politisch motiviert: „In Bars Fall gibt es einen klaren Interessenkonflikt, weil der Schin Bet aktuell gegen engste Vertraute Netanjahus in dessen Büro ermittelt.“ Mitarbeiter des Regierungschefs werden verdächtigt, im Auftrag Katars gearbeitet zu haben und vertrauliche Armee-Unterlagen an die Öffentlichkeit gegeben zu haben.
Laut Talshir droht eine Verfassungskrise, sollte sich Netanjahu über die Generalstaatsanwältin Baharav-Miara hinwegsetzen. Diese hatte erklärt, Netanjahu könne Bar nicht „ohne gründliche Prüfung der juristischen Umstände“ entlassen.
17 Mar 2025
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