taz.de -- 100 Tage SPD-BSW -Koalition: „Viel verabredet, manches angefasst“

Brandenburgs rot-lila Regierung zieht eine erste Bilanz und hält sich zugute, geräuschlos zu regieren. Die CDU legt das eher als Friedhofsruhe aus.
Bild: Woidke (SPD) und Crumbach (BSW) bei ihrer 100-Tage-Bilanz: „Wir zwei gehören eher zur Generation Handwerker statt Mundwerker.“

Potsdam taz | Die ersten 100 Tage der neuen Brandenburger Regierung sind genau betrachtet noch nicht mal vorüber. Erst am Freitag wird es so viele Tage her sein, dass sich SPD und das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) auf eine Koalition einigten und [1][die bundesweit ersten BSW-Minister vereidigt wurden.]

Aber Finanzminister Robert Crumbach (BSW) macht beim vorgezogenen Pressetermin zu diesem Anlass am Dienstag schon mal deutlich, dass die Koalition die gesamte Legislaturperiode halten soll. „Ich bin sicher, dass wir auch die nächsten fünf Jahre gemeinsam bewerkstelligen“, sagt Crumbach, der vor seinem BSW-Eintritt 2024 über 40 Jahre der SPD angehörte. Nachdem seine Partei am 23. Februar den Einzug in den Bundestag verpasste, waren Diskussionen aufgekommen, ob die beiden Landesregierungen mit BSW-Beteiligung – außer in Brandenburg noch in Thüringen – Bestand haben würden.

„Bewährtes sichern. Neues schaffen“, haben die Koalitionspartner ihre Bilanz überschrieben. Geräuschlos agiere man, ist von Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD), seit 2013 im Amt, schon im Vorfeld zu hören gewesen. Überhaupt geben sich Woidke und sein Stellvertreter Crumbach am Dienstag als zwei nüchterne Politik-Arbeiter, die nicht viel Gewese um ihr Tun machen wollen. „Wir zwei gehören eher zur Generation Handwerker statt Mundwerker“, meint Woidke. Laut Crumbach hat man „vieles verabredet, manches auch schon angefasst“.

In der Opposition interpretiert man dieses Geräuschlose deutlich anders. „Es ist bei Licht betrachtet eine Friedhofsruhe, die da herrscht“, ist von CDU-Fraktionschef Jan Redmann zu hören. „Die SPD ist satt, das BSW ist unerfahren und unsicher, es läuft seinen eigenen Ankündigungen hinterher.“ Die AfD, größte Oppositionsfraktion im Brandenburger Landtag, bezeichnet die Koalition als „unsichtbar“ und sagt ihr eine kurze Haltbarkeit voraus.

Offenbar Enthaltung im Bundesrat

Aus der außerparlamentarischen Opposition heraus kritisieren die Grünen, [2][die bei der Landtagswahl im September 2024 erstmals nach 15 Jahren aus dem Parlament flogen], die ersten 100 Tage von SPD und BSW hart. „De facto kein Klimaschutz, eine Haushaltspolitik, die zur ersten echten Bewährungsprobe wird. Und zwei vermeintlich soziale Parteien, die es nicht einmal schaffen, bei den drängendsten sozialen Fragen auch nur ansatzweise zu liefern“, äußert sich ihr [3][am Samstag neu gewählter Landesvorsitzender] Clemens Rostock, der die Brandenburger Grünen bereits von 2014 bis 2019 anführte.

Während der 100-Tage-Pressekonferenz in der Staatskanzlei ist noch nicht klar, dass später am Tag die viel diskutierten Sondervermögen im Bundestag durchkommen – und sich SPD und BSW auf ein gemeinsames Stimmverhalten festlegen müssen, wenn der Bundesrat am Freitag darüber abstimmt. Woidke ist auf Journalistenfragen hin so zu verstehen, dass sich das Land Brandenburg, wie im Koalitionsvertrag vorgesehen, enthalten wird, falls die beiden Partner sich nicht einigen können. „Die Koalition hat feste Vereinbarungen“, sagt er. In der Vorgängerkoalition mit CDU und Grünen hatte er im Bundesrat zwei Mal eine ablehnende Haltung der Grünen ignoriert.

18 Mar 2025

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AUTOREN

Stefan Alberti

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