taz.de -- Alter Bundestag für neues Sondervermögen: Neues Geld mit alter Mehrheit?

Die CDU erwägt offenbar, den alten Bundestag für ein Sondervermögen einzuberufen. SPD und Grüne reagieren auf Andeutungen von Merz pikiert.
Bild: Im Fahrstuhl zur Macht: Esken auf dem Weg zu Sondierungsgesprächen von SPD und Union

BERLIN taz | Union und SPD sondieren derzeit über die [1][Bildung einer neuen Bundesregierung]. Währenddessen gehen die Überlegungen weiter, [2][den alten Bundestag für neue Investitionen zusammenzutrommeln]. Am Montag dementierte CDU-Chef Friedrich Merz zwar einen Bericht, wonach das Parlament schon kommende Woche zusammentreten könnte, um über ein neues Sondervermögen zu beraten. Doch die SPD reagierte pikiert auf Medienberichte, wonach genau dies zuvor im CDU-Vorstand Thema gewesen sein soll.

Merz wies auch nur das mögliche Datum einer möglichen Bundestagssitzung zurück. „Ich kann ganz klar dementieren, dass bei uns im Bundesvorstand über ein Datum gesprochen wurde“, sagte der CDU-Chef. Die Deutsche Presse-Agentur meldete aus Teilnehmerkreisen des CDU-Vorstands; demnach sagte Merz, diese Woche werde sich in den Gesprächen mit der SPD entscheiden, ob es in der kommenden Woche zu einer solchen Sondersitzung kommen würde. Auch die Bild-Zeitung berichtete das.

Im Gespräch sind [3][zwei sogenannte Sondervermögen] – also Schuldentöpfe, von denen einer für Verteidigungsausgaben und einer für Ausgaben in die Infrastruktur genutzt werden könnte. Bei den Sondierungen soll dabei der amtierende Finanzminister Jörg Kukies (SPD) die Haushaltslage des Bundes beschrieben haben.

Unter Berufung auf vier Wirtschaftswissenschaftler, darunter sowohl solche von arbeitgeber- als auch von arbeitnehmernahen Instituten, kursierten dann zwei Zahlen: Ein Sondervermögen in Höhe von 400 Milliarden Euro für die Bundeswehr und in Höhe von 500 Milliarden Euro für die Infrastruktur.

Merz gibt sich zugeknöpft

Merz wollte sich zu diesen Zahlen nicht äußern. Er verwies auf die Vertraulichkeit der Sondierungsgespräche mit der SPD, die am Montagnachmittag in die nächste Runde gingen. „Ich kann Ihnen weder den Weg nennen, noch kann ich Ihnen heute Zahlen nennen“, sagte der CDU-Chef.

Die 500 Milliarden an Investitionen in die öffentliche Infrastruktur sind zumindest nicht weit entfernt von dem, was das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW) und das gewerkschaftliche Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung bereits im Mai an Investitionsbedarfen in Deutschland analysiert hatten. Beide Institute warben damals für eine „Investitionsoffensive“ von 600 Milliarden Euro über zehn Jahre, um den Herausforderungen von Klimaschutz und Klimaanpassung sowie Energie- und Verkehrswende gerecht zu werden.

SPD und CDU wollen sich bei der Frage der Investitionen schnell einigen. Vor allem bei der weiteren Aufrüstung scheint es dabei kaum Differenzen zwischen den Parteien zu geben: Sowohl SPD-Chef Lars Klingbeil als auch Merz betonten, dass die Investitionen in die Verteidigung angesichts der außenpolitischen Lage an erster Stelle stehen.

Wenig Differenzen bei der Aufrüstung

„Aus meiner Sicht ist die Verteidigung prioritär“, sagte Merz. Bei einer anderen Pressekonferenz sagte Klingbeil zuvor, es sei klar, dass die Bundeswehr mehr Geld brauche. Er warb jedoch auch für Investitionen in Straßen, Schulen und Schienen. „Es muss ein großes Paket sein“, so der Politiker, der seit vergangener Woche auch SPD-Fraktionschef ist.

Zu konkreten Instrumenten, also [4][Sondervermögen oder eine Reform der Schuldenbremse], wollten sich weder Klingbeil noch Co-Parteichefin Saskia Esken äußern. „Wir sind bereit diese Woche sehr schnell zu einer Einigung zu kommen“, sagte Klingbeil. Es sei jedoch Vertraulichkeit in den Gesprächen vereinbart. Esken stellte zugleich klar: „All diese wichtigen Fragen werden die Männer nicht unter sich ausmachen.“

Wenn nun der alte Bundestag über die Frage von neuen Schulden entscheiden soll, muss die CDU nicht nur die SPD für sich gewinnen, sondern auch die Grünen. Auch dort reagierte man empfindlich auf die Meldung, dass die Union möglicherweise schon kommende Woche zur Tat schreiten wolle. „Wir verweigern uns Gesprächen nicht“, sagte der Grünen-Vorsitzende Felix Banaszak. Doch man habe aus den Medien über den Vorstoß erfahren.

Gespräch am Mittwoch im Kanzleramt

Zudem gebe es nur ein kleines Zeitfenster für einen Beschluss mit der Zweidrittelmehrheit in der alten Zusammensetzung des Bundestages: „Wenn am 14. März das amtliche Endergebnis der Bundestagswahl vorliegt, gibt es wenig Anlass, noch Mehrheiten mit dem alten Deutschen Bundestag zu suchen“, so Banaszak.

Auch die amtierende Bundesregierung versuchte die Erwartungen an eine Abstimmung mit der alten Bundestagsmehrheit zu dämpfen. „Das würde die künftige Regierung massiv binden“, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit. Am Mittwoch werden Merz, Esken, Klingbeil und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt zum Gespräch mit Olaf Scholz (SPD) im Kanzleramt erwartet.

3 Mar 2025

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Marco Fründt

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