taz.de -- Thüringer Koalitionsverhandlungen: CDU gibt grünes Licht für die Brombeere
Nach zehn Jahren in der Opposition will die CDU in Thüringen wieder an die Macht. Auf einem Landesparteitag erhielt der mit der SPD und dem BSW ausgehandelte Koalitionsvertrag eine Mehrheit.
Erfurt afp | Als erste der drei Parteien hat die Thüringer CDU endgültig grünes Licht für den [1][mit der SPD und dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) ausgehandelten Koalitionsvertrag] gegeben. Auf einem kleinen Landesparteitag stimmten nach Parteiangaben am Samstag 37 der 38 anwesenden Delegierten für das Papier, das in den kommenden Jahren Grundlage einer gemeinsamen Regierung sein soll. Diese werde „kein Bündnis der Bequemlichkeit, sondern eine Allianz der Tat“, kündigte CDU-Landeschef Mario Voigt an.
Dem sogenannten CDU-Landesausschuss, auch kleiner Parteitag genannt, gehören der Landesvorstand sowie Delegierte aus den Kreisverbänden an. „Thüringen ist zehn Jahre hinter seinen Möglichkeiten geblieben, es wurde verwaltet statt gestaltet“, sagte Voigt in seiner Rede vor den Delegierten, wie der Landesverband anschließend mitteilte.
„Wir wollen die Bürger wieder ernst nehmen, wir wollen spürbar etwas verändern und mit gesundem Menschenverstand uns an den Themen der Thüringer orientieren.“ Der Regierungsvertrag sei keine Ansammlung vager Versprechen, versicherte Voigt. Es handele sich um einen konkreten Fahrplan für die Zukunft des Landes. Dabei gehe es unter anderem um die Bildung als Schlüssel zur Zukunft der Kinder, die Gesundheit der Bürger und die Wirtschaft.
„Wir sind Erster bei der Bürokratie und Letzter bei der Digitalisierung. Das wollen wir wieder umdrehen“, versprach der CDU-Landeschef demnach. In der Migrationspolitik brauche es wieder klare Regeln und faire Chancen, im Zusammenspiel mit den Kommunen sei zudem ein neues Miteinander erforderlich.
[2][CDU, BSW und SPD] hatten am Freitag vergangener Woche ihren Entwurf für einen Koalitionsvertrag vorgestellt, nachdem sie wochenlang um Details gerungen hatten. Das Papier sieht unter anderem eine Begrenzung der Migration, die Bekämpfung des Unterrichtsausfalls an Schulen, verpflichtende Sprachtests für Vorschulkinder und die Einstellung von 1500 neuen Polizisten vor.
Der Einigung knapp drei Monate nach der Landtagswahl war ein Streit insbesondere um Formulierungen zu verteidigungs- und friedenspolitischen Positionen vorausgegangen. Die BSW-Bundesspitze um Parteigründerin Sahra Wagenknecht hielt erste Entwürfe für unzureichend, woraufhin die Gespräche zwischenzeitlich ins Stocken gerieten. Mit dem nun ausgehandelten Papier zeigte sich das BSW zufrieden.
Die Wagenknecht-Partei stellt den Koalitionsvertrag am 7. Dezember auf einem Parteitag zur Abstimmung. Die Thüringer SPD lässt seit Montag ihre Mitglieder online über den Koalitionsvertrag abstimmen, das Ergebnis wird der Landesvorstand dann am 9. Dezember vorstellen. Sollten alle Parteien zustimmen, will sich CDU-Landeschef Mario Voigt noch vor Weihnachten im Landtag der Wahl zum Ministerpräsidenten stellen. Ein Termin steht noch nicht fest.
Die AfD war bei der Landtagswahl stärkste Kraft geworden. Ein Bündnis mit der vom Thüringer Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuften AfD schließen alle anderen im neuen Landtag vertretenen Parteien allerdings aus. Weil die CDU auch einen Unvereinbarkeitsbeschluss mit der Linkspartei hat, bleibt den Christdemokraten nur die Option eines Bündnisses mit BSW und SPD.
Der geplanten Koalition fehlt im Parlament allerdings eine Stimme zur Mehrheit. Es soll daher bei der Suche nach Mehrheiten eine Art Konsultationsverfahren geben. Dabei sollen die Abgeordneten und vor allem die bisher an der Regierungsspitze stehende Linkspartei frühzeitig in Gesetzesinitiativen der künftigen Regierung eingebunden werden.
30 Nov 2024
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