taz.de -- Neuwahl in Deutschland: Kleinparteien unter Druck

Nach dem Ampel-Bruch startet der vorgezogene Wahlkampf. Um formelle Hürden einzuhalten, beginnt für Kleinparteien ein Wettlauf gegen die Zeit.
Bild: Kleinparteien wie Volt fürchten um die kurze Zeit für Unterschriftensammlungen bei früher Wahl

BERLIN taz | Seit dem Bruch der Ampel-Koalition stehen Kleinparteien unter Druck. „Ein Termin im Januar würde eine erfolgreiche Unterschriftensammlung massiv in Frage stellen“, heißt es beispielsweise von der Ökologisch-demokratischen Partei (ÖDP). An dem Timing hängt vieles: Es gilt, Unterschriften zu sammeln und Kandidat:innen für die Liste zu gewinnen.

[1][Kleinparteien], die derzeit nicht im Deutschen Bundestag oder einem Landtag vertreten sind, müssen Unterschriften von mindestens 0,1 Prozent der Landeswahlberechtigten sammeln, um eine Liste aufzustellen. Normalerweise haben sie dafür zwei Monate Zeit. Bei der letzten vorgezogenen Neuwahl 2005 wurden alle Fristen halbiert. Damit rechnen auch jetzt viele.

43 Kleinparteien haben an der letzten Bundestagswahl teilgenommen. Die neu gegründete Partei Sahra Wagenknechts (BSW) und die [2][europäische Partei VOLT] versprechen sich gute Chancen: „Die Listenaufstellung kriegen wir hin“, sagte ein Sprecher des [3][BSW] der taz. Man werde bei der Bundestagswahl allerdings nicht in allen Wahlkreisen mit Kandidat:innen für Direktmandate antreten: „Das wird nicht der Fall sein.“

Parteichefin Sahra Wagenknecht will so schnell wie möglich Neuwahlen. Ihre Partei stellt ein früher Wahltermin allerdings vor logistische Herausforderungen. Das BSW hat bisher erst zwölf Landesverbände gegründet, am kommenden Wochenende wird der Landesverband in Bayern gegründet. Für die verbliebenen Länder überlege man, die Gründung der Landesverbände gleich mit der Aufstellung der Listen für die Bundestagswahl zusammenzulegen. „Wir müssen da jetzt auf Sicht fahren“, so der BSW-Sprecher.

Tierschutzallianz kapituliert bereits

Die Volt-Politikerin Maral Koohestanian äußert sich optimistisch gegenüber der taz: „Da Volt schnell viele Menschen mobilisieren kann, wird die Unterschriftenlogistik keine große Hürde darstellen.“ Viele Parteien würden daran jedoch scheitern. Sie spricht von einer „Katastrophe für die Demokratie“, weil Stimmen durch einen Nichtantritt der anderen kleinen Parteien verloren gehen könnten.

Bei vielen anderen der insgesamt zwanzig Kleinparteien, die von der taz kontaktiert wurden, herrscht deshalb derzeit heller Aufruhr. Insbesondere für Parteien, die nicht wie das BSW in Landesparlamenten vertreten sind, ist die Teilnahme an der Bundestagswahl von Unterschriften abhängig. „Das aktuelle Chaos stellt uns als Kleinpartei vor unüberwindbare Hürden und sie sind einfach zu hoch für eine Partei, deren Arbeit nur von Ehrenamtlichen neben Beruf, kommunalem Mandat, Familie etc. gestemmt wird“, heißt es von der Tierschutzallianz. Die Bundestagswahl 2025 werde mit hoher Wahrscheinlichkeit ohne sie stattfinden.

Die Einstellung darüber, wann die Neuwahlen stattfinden sollen, gehen auseinander: Während einige Parteien für einen Wahltermin im März plädieren, um genügend Unterschriften zu sammeln und ihre Parteimitglieder zu mobilisieren, wollen andere Parteien wie die Sozialistische Gleichheitspartei schnelle Neuwahlen. Sie fordert allerdings, dass die Voraussetzung des Sammelns der Unterschriften entfällt.

Neben dem Zeitdruck könnte ein weiterer Aspekt sein, dass der Wahlkampf mitten in die Weihnachtszeit fallen könnte. „Wir haben keine Mitarbeiter und keine Berufspolitiker in unseren Reihen, die Parteiarbeit findet in unserer Freizeit statt. Aber egal, was auf uns zukommt, es wird sportlich“, so die Gartenpartei auf Anfrage der taz.

12 Nov 2024

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AUTOREN

Amelie Sittenauer
Stella Lueneberg
Kersten Augustin

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