taz.de -- Wohnungskrise in Berlin: Rettungsprogramm für den sozialen Wohnungsbau
Jährlich fallen tausende Wohnungen in Berlin aus der Mietpreisbindung. Die Linke stellt nun ein Maßnahmenpaket gegen den Schwund vor.
Berlin taz Jährlich fallen in Berlin zehntausende Sozialwohnungen aus der Mietpreisbindung. Neubau und Förderprogramme schaffen es kaum, diese Entwicklung aufzuhalten. Dabei sind mehr Menschen denn je auf günstigen Wohnraum angewiesen. Der Senat schaue tatenlos zu, kritisiert die Linke und stellte am Mittwoch ein Maßnahmenpaket vor, mit dem die Entwicklung aufgehalten werden soll.
Eine Mischung aus „Bauen, Rekommunalisierung und Regulieren“, fasst der mietenpolitischer Sprecher der Links-Fraktion, Niklas Schenker, die Vorschläge zusammen. Hätte es Anfang der 2000er Jahre noch 400.000 Sozialwohnungen gegeben, seien es aktuell nicht einmal 100.000.
Von diesen werden 2030 nur noch rund 40.000 übrig bleiben, rechnet Schenker vor. [1][Dabei hätten 1,1 Millionen Haushalte Anspruch auf eine mietpreisgebundene Wohnung]. Die Folgen seien verheerend, sagt Schenker: „Ganze Kieze werden sozial entmischt.“
Sozialwohnungen entstehen derzeit nur, wenn Bauherren eine staatliche Förderung in Anspruch nehmen. Das bedeutet, den Wohnraum für einen Zeitraum von 30 Jahren zu einer Miete von 6,50 Euro bis 11,5 pro Quadratmeter anzubieten. Genutzt werde das Programm vor allem von den landeseigenen Unternehmen. Die Folge: [2][Derzeit fallen mehr Wohnungen aus der Bindung, als neue gebaut werden.]
Effizient Enteignen
[3][„Der Senat macht in allen Bereichen alles falsch“], kritisiert Schenker. Statt auf private Investor:innen zu hoffen, soll der Senat ein kommunales Wohnungsbauprogramm initiieren. Mit sogenanntenTransferkrediten könnten die Landeseigenen mit mehr Eigenkapital ausgestattet werden.
Da dieses einen konkreten Gegenwert habe, könnte dieses sogar schuldenbremsenkonform am Haushalt vorbei aufgenommen werden.
Ein zweiter Schritt besteht darin, auslaufende Sozialbindungen zu halten. Mit einem Förderprogramm soll gezielt Eigentümer:innen angeboten werden, die Sozialbindung zu verlängern. Auch könnte eine Verlängerung an Fördergelder für energetische Modernisierungsmaßnahmen gebunden werden, schlägt Schenker vor.
Ein letzter Schritt sei die Rekommunalisierung. So könnten gezielt Wohnungsbestände aufgekauft werden, deren Sozialbindung ausläuft. Besonders kostengünstig und effizient wäre das möglich, wenn der Volksentscheid DW Enteignen endlich umgesetzt werden würde, so Schenker.
6 Nov 2024
LINKS
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Nirgendwo stehen mehr Büros leer als in der Hauptstadt. Trotzdem sieht der Senat kaum Handlungsbedarf, zeigt eine Anfrage der Grünen.
Berlin hat 2024 weniger Wohnungen gebaut als geplant. Auch der Sozialwohnungs-Anteil wurde deutlich verfehlt. Die Linke fordert Konsequenzen.
Die Volksinitiative „Bauwende für Berlin“ will Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit zusammendenken. Im Senat stößt das jedoch auf taube Ohren.
Um die Schulden zu tilgen, verkaufte Dresden im Jahr 2006 für 982 Millionen Euro ihren Wohnungsbestand. Das beeinflusst die Landeshauptstadt bis heute.
Der Senat verfehlt seine eigene Wohnungsneubauziele – mal wieder. Grüne wollen mehr Mietpreisbindungen bei Neubauten, Linke eine kommunale Bauhütte.
2024 wurden in Berlin mehr als 5.000 neue Sozialwohnungen genehmigt. Der Senat hatte dafür die Fördermittel verdoppelt.
Beim Berliner Sozialgipfel gibt sich Bausenator Christian Gaebler (SPD) bürgernah. Mit seiner Arbeit ist trotzdem niemand zufrieden.
2023 wurden mehr Wohnungen für Geringverdienende neu gebaut als im Vorjahr. Trotzdem sinkt die Gesamtzahl der Sozialwohnungen kontinuierlich.
Die Erweiterung des WBS-Berechtigtenkreises durch den Senat hat die Wohnungsknappheit für Betroffene weiter angeheizt, kritisiert der Mieterverein.
Die Zahl der Sozialwohnungen schrumpft. Das hat Folgen für die Staatsfinanzen, zeigt eine Studie. Der Staat bezuschusse oft überhöhte Mieten.