taz.de -- Umbau bei Thyssenkrupp: Stählerne Streiterei

Um die Zukunft der Thyssenkrupp-Stahlsparte wird heftig gestritten. Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertreter kritisieren sich gegenseitig scharf.
Bild: Demonstration von Stahlarbeitern vor der Konzernzentrale von ThyssenKrupp im Mai 2024

Berlin taz | Kurz vor einer wichtigen Aufsichtsratssitzung am Donnerstag eskaliert der Streit um die [1][Stahlsparte] bei Thyssenkrupp. Die Vertreter der Anteilseigner im Aufsichtsrat stellen sich hinter Gesamtkonzernchef Miguel Lopez und seine Umbaupläne für den Standort Duisburg. In einer Erklärung von Dienstag kritisieren sie „den Auftritt und die Kommunikation von Arbeitnehmervertretern“. Sie verurteilen im Besonderen „die emotionale Aufladung und teils gezielt verletzende Verunglimpfungen und persönliche Anfeindungen“.

Unter den Unterzeichner*innen befinden sich Thyssenkrupp-Aufsichtsratschef Siegfried Russwurm sowie die Chefin der Krupp-Stiftung, Ursula Gather, die die größte Einzelaktionärin des Industriekonzerns ist. Russwurm nutzte im vergangenen Mai sein Doppelstimmrecht, um den Teilverkauf der Stahlsparte gegen den Willen der Arbeitnehmerseite durchzusetzen.

Jürgen Kerner, Zweiter Vorsitzender der IG Metall, wies die Vorwürfe der Arbeitgeberseite bereits am Dienstag zurück. Die Unterzeichnenden versuchten sich aus der Verantwortung herauszuziehen, so der Gewerkschafter, der gleichzeitig stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender bei Thyssenkrupp ist. Das sei „billig und stillos“. Die Beschäftigten seien zutiefst verunsichert. Verantwortlich dafür sei das „rücksichtslose, intransparente und unprofessionelle Agieren von Herrn Lopez und Herrn Russwurm“. Lopez plant unter dem Druck der schwächelnden Nachfrage, die Stahlsparte zu straffen, Produktionskapazitäten zurückfahren – und vor allem Stellen abzubauen.

Seit Monaten [2][bangen die Mitarbeitenden] des Standorts Duisburg daher um ihre Arbeitsplätze. Mit Demonstrationen vor dem Konzernstandort und Aktionen in den Betrieben versuchen die Stahlkocher, ihren Unmut über die Umbaupläne auszudrücken.

Ende Mai stimmte der Thyssenkrupp-Aufsichtsrat für den [3][Einstieg des Energieunternehmens EPCG] in seine Stahlsparte. 20 Prozent der Anteile gingen damit an den Konzern des tschechischen Milliardärs Daniel Křetínský. Dieser soll sich vor allem um die Energielieferungen für die Stahlproduktion kümmern.

28 Aug 2024

LINKS

[1] /Gruener-Stahl-fuer-die-Autoindustrie/!6019581
[2] /Investor-steigt-bei-Thyssenkrupp-ein/!6008049
[3] /Neuer-Investor-bei-Thyssenkrupp/!6012604

AUTOREN

Anastasia Zejneli

TAGS

ThyssenKrupp
Stahl
Stahlindustrie
IG Metall
Transformation
ThyssenKrupp
Kolumne Stadtgespräch
ThyssenKrupp
Emissionshandel
Schwerpunkt Klimawandel
Schwerpunkt Klimawandel
Stahlindustrie
Stahlindustrie

ARTIKEL ZUM THEMA

Krise in der Stahlindustrie: Thyssenkrupp will Tausende Stellen streichen

In der Stahlsparte von Thyssenkrupp sollen 11.000 Jobs wegfallen. Die IG Metall kündigt gegen die Kürzungspläne erbitterten Widerstand an.

Niedergang der US-Stahlindustrie: Warten auf Nippon Steel

Ein US-Stahlwerk in der kleinen Industriestadt Braddock soll von der japanischen Konkurrenz übernommen werden. Die Menschen dort bangen um ihre Zukunft.

Klima-Umbau bei Thyssen-Krupp in Gefahr: Grünes Stahlprojekt auf Prüfstand

Thyssen-Krupp wollte Milliarden investieren, um klimafreundlicheren Stahl mit Wasserstoff zu erzeugen. Doch nun geraten die Pläne ins Wanken.

Abwanderung von Firmen aus Deutschland: Emissionshandel ist nicht schuld

Der EU-Emissionshandel allein treibe keine deutsche Firma ins Ausland, so die Bundesbank. Er führe aber zu mehr Klimaschutz.

Stahlkonzern in der Transformation: Chaos bei Thyssenkrupp

Zentrale Führungskräfte schmeißen hin. Klappt es mit der grünen Zukunft für das Stahlgeschäft des Industrieriesen?

Investor steigt bei Thyssenkrupp ein: Stahlkocher fordern Jobgarantie​

Tausende demonstrieren gegen Arbeitsplatzvernichtung bei Deutschlands größtem Stahlproduzenten Thyssenkrupp – und für ihre Mitbestimmungsrechte.

Stellenstreichungen bei ThyssenKrupp: Und die Subventionen?

Der Stahlkonzern ThyssenKrupp will viel Personal kürzen, bekommt aber gleichzeitig Staatsgeld – das sollte künftig unterbunden werden.

Stahlwerk im italienischen Tarent: Zum dritten Mal verstaatlicht

Das Stahlwerk in Apulien ist eines der größten in Europa. Nun stellt es Italiens Regierung unter staatliche Aufsicht. 8.000 Jobs sind gefährdet.