taz.de -- Bedingungsloses Grundeinkommen: Ehrenamt für alle

Wer sich in der Freizeit engagieren will, braucht etwas Geld. Für viele ist das nicht drin. Ein regelmäßiges Einkommen vom Staat könnte das ändern.
Bild: Ehrenamtliche Helferin bei der Münchner Tafel

Berlin taz | Soziales Engagement braucht Zeit und Geld. Fast 29 Millionen Freiwillige gibt es in Deutschland laut einer [1][Umfrage des Familienministeriums aus dem Jahr 2019]. Das sind etwa 40 Prozent der Bevölkerung.

Dabei ist der Anteil der Freiwilligen mit niedrigerem Bildungsstand und der von Armut betroffenen Menschen geringer. Das ist ein Problem, da diese Gruppen so weniger an gesellschaftlichen Entwicklungen partizipieren und weil ihre Perspektiven weniger wahrgenommen werden.

Menschen mit höheren Einkommen können sich leichter engagieren, Mitgliedsbeiträge in Vereinen [2][oder die Fahrtkosten sind] für sie kein K.-o.-Kriterium.

Für im Engagement bislang unterrepräsentierte Gruppen könnte das bedingungslose Grundeinkommen, ein „Game-Changer“ für mehr Partizipation sein, sagt Katarina Peranić. Sie ist Vorständin der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt. Aber dafür müssten sich Vereine und Organisationen auch für diese Gruppen öffnen und entsprechende Engagementangebote schaffen.

Grundeinkommen macht zufrieden

Für ein Grundeinkommen gibt es verschiedene Modelle mit dem gleichen Kerngedanken: Menschen sollen jeden Monat vom Staat so viel Geld erhalten, wie sie zum Leben benötigen. Das Pilotprojekt Grundeinkommen erforscht die Auswirkungen eines solchen Grundeinkommens auf unsere Gesellschaft. Dafür erhalten 112 [3][ausgeloste Bewerber:innen drei Jahre lang 1.200 Euro] monatlich.

Seit 2014 untersucht der dem Projekt angegliederte Verein Mein Grundeinkommen, wie die Utopie in der Praxis funktionieren kann. Ihr bisheriges Ergebnis: Das Grundeinkommen mache Menschen zufriedener und weniger gestresst. Es gebe ein Gefühl von Sicherheit, das zu nachhaltigeren und sozialeren Entscheidungen führe.

Mit einem [4][bedingungslosen Grundeinkommen] könnten mehr Arbeitnehmer:innen bessere Bedingungen erkämpfen und sich für eine geringere Stundenzahl entscheiden, schätzen Expert:innen.

Die Hoffnung: Wenn existenzielle Sorgen wegfallen, wären alle Menschen in der Lage, sich am gesellschaftlichen Leben, ehrenamtlich oder aktivistisch, zu beteiligen. Verschiedene Gruppen würden ihre Forderungen artikulieren. Aber Expert:innen streiten sich, ob ein Grundeinkommen tatsächlich finanzierbar ist.

26 Oct 2023

LINKS

[1] https://www.bmfsfj.de/resource/blob/176836/7dffa0b4816c6c652fec8b9eff5450b6/freiwilliges-engagement-in-deutschland-fuenfter-freiwilligensurvey-data.pdf
[2] /Deutschland-Ticket-grenzt-Arme-aus/!5958035
[3] /Oekonom-ueber-Grundeinkommen-Studie/!5956249
[4] /Grundeinkommen-fuer-2000-Menschen/!5958338

AUTOREN

Alisa Isabella Neugebauer Da Silva Sarmento
Melina Moehring

TAGS

Utopie
Bedingungsloses Grundeinkommen
Ehrenamt
Armutsbekämpfung
Schwerpunkt Armut
Bedingungsloses Grundeinkommen
Bedingungsloses Grundeinkommen
Bedingungsloses Grundeinkommen

ARTIKEL ZUM THEMA

Studie der Böckler-Stiftung: Armut gefährdet die Demokratie

In den vergangenen Jahren nahm der Abstand zwischen Arm und Reich in Deutschland zu, so die Böckler-Siftung. Das setze die Gesellschaft unter Druck.

Grundeinkommen für 2.000 Menschen: Nahezu bedingungslos

Die Hamburger Volksinitiative, die ein Grundeinkommen testen lassen will, startet am Freitag erneut. Der erste Anlauf war im Juli gestoppt worden.

Daten zu bedingungslosem Grundeinkommen: Die meisten Leute hätten mehr Geld

1.200 Euro bedingungsloses Grundeinkommen monatlich für alle sind grundsätzlich finanzierbar – dies zeigt ein neuer Onlinerechner.

Bedingungsloses Grundeinkommen: Im Grunde gut

Jetzt in der Coronakrise hat die Debatte um das bedingungslose Grundeinkommen wieder eine neue Dringlichkeit.