taz.de -- Besteuerung von Oldtimern: Alter, das kann teurer werden

Oldtimer werden als Kulturgut günstiger besteuert. Doch immer mehr Autos fallen darunter. Dem Staat entgehen so jährlich bis zu 170 Millionen Euro.
Bild: Ein Karman Ghia in München

Berlin taz | Im Koalitionsvertrag hat sich die Ampel darauf geeinigt, dass sie umwelt- und klimaschädliche Subventionen abbauen will, um dadurch zusätzliche Haushaltsspielräume zu gewinnen. Passiert ist bisher nichts. Stattdessen verpflichtet Finanzminister Christian Lindner (FDP) derzeit alle Ressorts aufs Sparen.

Doch nun wagt der [1][Rechnungsprüfungsausschuss des Bundestags], der eigentlich nur die Wirtschaftsführung des Bundestages prüfen soll, doch einen Vorstoß zum Abbau klimaschädlicher Subventionen. Er hat das Finanzministerium am vergangenen Freitag beauftragt, zu prüfen, inwiefern eine Änderung der Zulassung von Oldtimern nötig und möglich sei.

Hintergrund ist, dass laut einem [2][Bericht des Bundesrechnungshofes] immer mehr Fahrzeuge, die als Oldtimer angemeldet sind, im Alltag genutzt werden und damit auch Steuervorteile einfahren. Laut Rechnungshof entgingen dem Staat dadurch pro Jahr 170 Millionen Euro an Einnahmen bei der Kraftfahrzeugsteuer. Zudem sei die Schadstoffbelastung enorm.

Als im Jahr 1997 die Kfz-Steuer so reformiert wurde, dass Hubraum und Schadstoffemissionen stärker ins Gewicht fallen, wurden Oldtimer geschont. Sie werden nicht nach Emissionen und Hubraum, sondern pauschal besteuert. Laut Bundesrechnungshof ist diese Pauschale fast immer geringer als die Regelbesteuerung. So spart die Fahrer:in eines Diesel-PKW mit einem Hubraum von 1.500 cm³ in der ungünstigsten Schadstoffklasse 371 Euro pro Jahr.

Oldtimerbestand hat sich fast verdreifacht

Als Oldtimer wurden 1997 Fahrzeuge definiert, die älter als 30 Jahre sind und „vornehmlich zur Pflege des kraftfahrzeugtechnischen Kulturguts eingesetzt“ werden. 2007 lockerte die Große Koalition diese Vorgabe und strich das „vornehmlich“. Seitdem habe sich der Bestand an Oldtimern laut Bundesrechnungshof fast verdreifacht – von 135.000 im Jahr 1997 auf fast 400.000 im Jahr 2020.

Der Rechnungshof geht davon aus, dass sich dieser Trend fortsetzt: „Aufgrund der höheren Produktionszahlen und der Langlebigkeit der Fahrzeuge überschreiten künftig immer mehr Alltagsfahrzeuge die 30-Jahres-Grenze für die Einordnung als Oldtimer, sodass die Mindereinnahmen weiter steigen“, heißt es im Bericht.

Das Finanzministerium bestreite bisher, dass mit der besonderen Oldtimerbesteuerung Fahrzeuge subventioniert würden, die im Alltagsverkehr eingesetzt werden, liefere aber keine belastbaren Zahlen, so die Rechnungsprüfer. Der Rechnungsprüfungsausschuss des Bundestages hat das Finanzministerium deshalb auch aufgefordert, den Einsatz von Oldtimern im Alltag zu erheben. Bis zum 31. Oktober soll das Finanzministerium die Antworten liefern. Sie könnten also durchaus noch haushaltsrelevant sein. Das [3][Kabinett will den Haushaltsentwurf für 2024] am 5. Juli beschließen und dem Bundestag übergeben. Dieser wird ihn im Dezember verabschieden.

28 Jun 2023

LINKS

[1] /Rechnungshof-schlaegt-Alarm/!5942983
[2] https://www.bundesrechnungshof.de/SharedDocs/Downloads/DE/Berichte/2023/ergaenzungsband-2022/bemerkung-36.pdf?__blob=publicationFile&v=3
[3] /Streit-in-der-Ampel/!5923953

AUTOREN

Anna Lehmann

TAGS

Ampel-Koalition
Klimaschutzziele
Koalitionsvertrag
Christian Lindner
Bundesministerium der Finanzen (BMF)
Oldtimer
Autos
Schwerpunkt Klimawandel
Schwerpunkt Klimawandel
Schwerpunkt Stadtland
Berlin

ARTIKEL ZUM THEMA

Trend bei E-Autos: SUV-Boom erreicht Elektroflotte

E-Autos werden immer größer und schwerer, weil sie immer weitere Strecken fahren sollen. Das bringt Probleme beim Parken, der Stromverbrauch steigt.

Gebäudeenergiegesetz und Handwerker: Der Winter kann wohl kommen

Die Regierung einigt sich auf letzte Details zum Heizungsgesetz. Klimafreundliche Heizungen sollen mit bis 70 Prozent gefördert werden.

Historische Flugplatzhallen plattgemacht: Kulturelles Erbe versus Wohnungen

Denkmalschutz für Hallen, in denen Flugpioniere bastelten? Fehlanzeige. Die Überreste des Flugplatzes Berlin-Johannisthal sollen verschwinden.

Wahlkampf in Berlin: SPD setzt auf Oldtimer

Franziska Giffey ist im Wahlkampfmodus. Sollte es am 12. Fabruar zur Wahlwiederholung kommen, ist auch Rot-Schwarz-Gelb nicht ausgeschlossen.