taz.de -- Krieg in Sudan: Keine Abschiebungen in Kriegsgebiet

Pro Asyl ruft die Bundesregierung auf, Abschiebungen nach Sudan zu stoppen. Außerdem fordert sie humanitäre Korridore.
Bild: Menschen auf der Flucht sammeln sich in Port Sudan, dem größten Seehafen des Landes

Berlin taz | Die Flüchtlingshilfsorganisation Pro Asyl [1][hat einen bundesweiten Abschiebestopp nach Sudan gefordert]. Vor knapp zwei Wochen, am 15. April, eskalierte der Bürgerkrieg in Sudan. Mehr als 500 Menschen starben dabei.

Der Bürgerkrieg in Sudan schwelt bereits seit Langem. Ausgetragen wird er zwischen den beiden einflussreichsten Generälen des Landes. Am 15. April kam es zunächst zu Schusswechseln, [2][später bewegten sich Kampfjets] über die sudanesische Hauptstadt Khartum und deren Umgebung.

Die ursprünglich geplante [3][Evakuierung deutscher Staatsbürger] aus Sudan musste aufgrund der schweren Kämpfe abgebrochen werden. Laut der Internationalen Organisation für Migration befinden sich wegen der Krise mehr als 300.000 Menschen auf der Flucht.

Berlins SPD-Innensenatorin Iris Spranger erließ Ende April einen Abschiebestopp nach Sudan. Laut [4][einem Bericht der Rheinischen Post] folgte am Dienstag auch Nordrhein-Westfalen. Nicht alle Länder reagieren so flink. Niedersachsen Innenministerin Daniela Behrens (SPD) sprach sich vergangene Woche ebenfalls für einen Abschiebestopp aus und forderte eine bundesweit einheitliche Regelung. Deswegen habe sie das Vorsitzland der Innenministerkonferenz, Berlin, vergangene Woche gebeten, eine einheitliche Regelung für einen formalen Abschiebestopp nach Sudan herbeizuführen.

Laut Helge Lindh von der SPD-Bundestagsfraktion sei ein bundesweiter Abschiebestopp rechtlich gar nicht umsetzbar. Allerdings sei er im Koalitionsvertrag vorgesehen. „Grundsätzlich wäre es wünschenswert, wenn sich die Länder auf einheitliche Regeln für die Abschiebestopps in den Sudan einigen“, sagt er.

Auf die Länder beschränkte Abschiebeverbote sind aktuell auf maximal drei Monate begrenzt. Laut Lindh besteht für die Länder nach den drei Monaten die Möglichkeit, den Abschiebestopp um nochmal drei Monate zu verlängern. Danach müsse man sich die Zustimmung des Innenministeriums holen.

Ausnahmen bei Straftäter:innen

Allzu akuten Handlungsdruck sieht Sigmar Walbrecht, Sprecher des Niedersächsischen Flüchtlingsrats, nicht: Abschiebungen seien im Moment nicht möglich, da Flughäfen in Sudan nicht angeflogen werden können. „Trotzdem wäre es ein wichtiges politisches Zeichen, wenn die Länder einen Abschiebestopp erlassen.“

Dass sich die Länder auf einheitliche Abschiebestopps einigen, hält Lindh für wichtig. Erhebliche Straftäter:innen und Gefährder:innen von diesem Abschiebestopp auszuschließen, könnte aus seiner Sicht eine sinnvolle Kompromisslösung sein, um eine Einigung der Länder zu erreichen. So ist es aktuell in Berlin geregelt: Straftäter:innen, Gefährder:innen und Menschen, die ihre Identität hartnäckig verheimlichen, sind dort bisher vom Abschiebestopp ausgenommen. Walbrecht kritisiert diese Ausnahme: „Straftäter an Orte abzuschieben, an denen ihr Leben akut gefährdet ist, kann man nicht befürworten.“

Pro Asyl hat die Bundesregierung darüber hinaus aufgefordert, sich für [5][humanitäre Korridore für Zivilist:innen] einzusetzen, um ihnen eine Flucht zu ermöglichen.

3 May 2023

LINKS

[1] https://www.proasyl.de/pressemitteilung/sudan-pro-asyl-fordert-sofortigen-abschiebestopp-und-den-stopp-von-ablehnenden-asylentscheidungen/
[2] /Krieg-in-Sudan/!5928480
[3] /Krieg-in-Sudan/!5931291
[4] https://rp-online.de/nrw/landespolitik/nrw-abschiebungen-in-den-sudan-sind-ausgesetzt_aid-89560115
[5] /Krieg-in-Sudan/!5931321

AUTOREN

Alexandra Hilpert

TAGS

Schwerpunkt Krieg in Sudan
Bürgerkrieg
Abschiebung
Schwerpunkt Flucht
Pro Asyl
Sudan
Geflüchtete
Abgeordnetenhaus
Schwerpunkt Flucht
Schwerpunkt Krieg in Sudan
Schwerpunkt Krieg in Sudan
Schwerpunkt Krieg in Sudan
Asylrecht

ARTIKEL ZUM THEMA

Abschiebung von Flüchtlingen: Linke pocht auf Koalitionsvertrag

Der Abgeordnete Ferat Koçak (Linkspartei) drängt Schwarz-Rot zum Winterabschiebestopp. Der Vertrag von CDU und SPD stellt dafür aber Bedingungen.

Vor dem Spitzentreffen im Kanzleramt: Tag der Abrechnung

Länder und Kommunen fordern mehr Geld für die Versorgung Geflüchteter. Der Bund rechnet im Gegenzug vor, was er schon alles zahlt.

Sudan-Experte zu Deutschlands Rolle: „Mit Waffen vollgepumpt“

Roman Deckert erklärt, dass Deutschland vor Jahren maßgeblich Sudans Unterdrückungsapparat mit aufgebaut hat. Aber das ist nicht seine einzige Kritik.

Krieg in Sudan: Sudans Warlords wüten immer weiter

Trotz neuer Zusagen einer Feuerpause toben schwere Kämpfe, auch in Darfur ist die Lage dramatisch. Bemühungen um Konfliktlösung treten auf der Stelle.

Krieg in Sudan: Kämpfe trotz Waffenruhe

In Sudan wird trotz vereinbarter Waffenruhe weiter gekämpft. Das UN-Welternährungsprogramm warnt vor einer Krise in der gesamten Region.

Tadschikischer Oppositioneller: Sieben Jahre Haft für Abgeschobenen

Trotz massiver Warnungen haben deutsche Behörden Abdullohi Shamsiddin nach Tadschikistan ausgeliefert. Dort wurde er nun direkt verurteilt.