taz.de -- Alt-Kanzlers Nähe zu Russland: Schröder bleibt ohne Parteistrafe

In der Berufung sieht die SPD in der Nähe des Ex-Kanzlers zu Russland keinen Verstoß gegen die Parteiordnung. Weitere Debatten dürften aber folgen.
Bild: Die Freundschaft zu Putin hat für Gerhard Schröder als SPD-Mitglied keine weiteren Konsequenzen

Hannover dpa | Die Russland-Nähe von Altkanzler Gerhard Schröder hat weiter keine Parteistrafe der SPD zur Folge. Die Schiedskommission des SPD-Bezirks Hannover wies Anträge mehrerer SPD-Gliederungen in zweiter Instanz in einem Beschluss zurück. Zuvor hatten mehrere Medien darüber berichtet.

Es lasse sich „nicht mit hinreichender Sicherheit feststellen“, dass Schröder gegen Statuten, Grundsätze oder die Parteiordnung verstoßen oder sich einer ehrlosen Handlung schuldig gemacht habe, heißt es in dem Beschluss. „Möglicherweise haben deutsche Spitzenpolitiker die Gefahren einer Abhängigkeit von russischen Energielieferungen in den vergangenen 25 Jahren falsch eingeschätzt.“ [1][Das betreffe aber auch andere Politiker der SPD] und anderer Parteien. „Eine solche Fehleinschätzung dem Antragsgegner vorzuwerfen, führt indes zu weit.“

Die SPD-Gliederungen, die die Berufung beantragt hatten, könnten nun noch Berufung zur SPD-Bundesschiedskommission beantragen. Allerdings gilt es als eher unwahrscheinlich, dass eine weitere Berufung nach zwei Freisprüchen in den ersten Instanzen zugelassen würde.

Das Parteiordnungsverfahren hatten zunächst 17 SPD-Gliederungen ins Rollen gebracht. [2][In erster Instanz entschied der SPD-Unterbezirk Region Hannover im Sommer, dass Schröder nicht gegen die Parteiordnung verstoßen habe]. Dagegen legten sieben SPD-Gliederungen Berufung ein. Die Verhandlung darüber fand Anfang Dezember statt – bis zur jetzt verkündeten Entscheidung vergingen zweieinhalb Monate.

Schröder hat viele Gegner in der eigenen Partei

Die Verfahren zeigen jedoch, dass [3][der frühere Bundeskanzler] sich mit seinem Engagement für russische Staatskonzerne und seiner Haltung zum Ukraine-Krieg auch in der eigenen Partei viele Gegner gemacht hat. So hatte die SPD-Vorsitzende Saskia Esken dem Altkanzler bereits im April 2022 nahegelegt, aus der Partei auszutreten. Gänzlich isoliert ist Schröder in der SPD indes nicht.

Im Falle eines Verstoßes wäre nach den SPD-Regularien als härteste [4][Strafe auch ein Ausschluss Schröders aus der SPD] möglich gewesen. Früh hieß es allerdings, dass dieser Schritt aus juristischen Gründen unwahrscheinlich sei. Als mildere Sanktionen standen etwa eine Rüge oder eine zeitweilige Aberkennung des Rechts zur Bekleidung von Parteifunktionen im Raum.

Schröder gilt als enger Freund von Russlands Präsident Wladimir Putin und war über Jahre für russische Energiekonzerne aktiv. Mit Blick auf Russlands Angriff auf die Ukraine erklärte Schröder zwar, es liege in der Verantwortung Russlands, den Krieg zu beenden. Allerdings dürften die Verbindungen zu Russland nicht komplett gekappt werden.

2 Mar 2023

LINKS

[1] /Russlandpolitik-der-Sozialdemokraten/!5889535
[2] /Gehrhard-Schroeder/!5870373
[3] /Gerhard-Schroeder-verklagt-Bundestag/!5874175
[4] /Altkanzler-Schroeder-droht-SPD-Ausschluss/!5864404

TAGS

Gerhard Schröder
SPD Hannover
Energiekrise
Wladimir Putin
Bundestag
Mecklenburg-Vorpommern
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine

ARTIKEL ZUM THEMA

Streit um Privilegien von Altkanzler: Schröder bleibt ohne Parlamentsbüro

Weil er trotz Angriffskrieg zu Putin hielt, strich der Bundestag dem Altkanzler das staatlich finanzierte Büro. Ein Gericht bestätigte diese Entscheidung nun.

Ex-Ministerpräsident Erwin Sellering: Attacke als Strategie

Mecklenburg-Vorpommerns Ex-Ministerpräsident Erwin Sellering steht wegen seiner Russlandnähe weiter in der Kritik. Einsichtig zeigt er sich nicht.

Russlandpolitik der Sozialdemokraten: Die Illusionen der SPD

Parteichef Lars Klingbeil kritisiert vier Irrtümer der SPD in Sachen Russland. Putin sei kein vertrauenswürdiger Partner. Doch manches bleibt vage. 

Niedersachsen vor der Wahl: Mittelalte Männer mit Macht

Niedersachsen? Kam von dort nicht eine Politikerschwemme über Berlin? Der Mechanismus dahinter ist vor allem ein Problem für Frauen.