taz.de -- Neue Musik aus Berlin: Die Larve reift
Das Trio 13 Year Cicada vermischt gekonnt Experimental und Pop. Wie es auf dem Album „haha gravity“ pluckert, pocht und pulsiert, ist beeindruckend.
Die Singzikaden sind zurück, und wie! Das Berliner Trio 13 Year Cicada (benannt nach einer speziellen Gattung der Insekten, die 13 Jahre als Larve im Boden reift) wusste bereits auf den ersten beiden Alben “Totem Tongue“ (2017) und „00YES“ (2019) mit einer ganz eigenen Art von Weirdo-Musik zu überzeugen.
Auf dem neuen Album „haha gravity“ macht die Band genau dort weiter – und es zeigt sich, dass die Larve mehr und mehr reift.
[1][13 Year Cicada] bestehen aus Sängerin und Keyboarderin Zooey Agro, Bassist Christopher Hotti Boehm und Schlagzeuger Philip Theurer, die allesamt dem Jazzbereich entstammen. Heute komponieren sie zusammen schräge, unbequeme, gewollt anstrengende Popmusik, die sich gut in einer Reihe spannender Berliner Experimental-Acts jüngerer Zeit macht (Painting, Hope, Point No Point etc.).
Die 9 Tracks auf „haha gravity“ sind zwischen Avant-/Synthie-Pop, Jazz, Noise und TripHop anzusiedeln, die einzelnen Songs sind dabei sehr unterschiedlicher Natur. „Building“ ist etwa ein kühl-wummerndes Pop-Stück, „Gravity“ bietet flirrende und flippernde Klänge, „Tourism“ und „Copy“ sind dagegen perkussiver angelegt – wie es da pluckert, pocht und pulsiert, ist beeindruckend.
Es dauert ein bisschen, bis man sich in die Stücke hineingehört hat, diese Zeit aber sollte man sich nehmen. Denn dank der Experimentierfreude einerseits und mancher (versteckter) Hookline andererseits entdeckt man auf diesem Album mit jedem Hördurchgang etwas Neues.
24 Sep 2022
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