taz.de -- Designierter neuer Botschafter Polens: Gruß von einem alten Bekannten
Nach Frauenprotesten hatte Polens ehemaliger Botschafter Andrzej Przyłębski Berlin verlassen. Nun soll ihm sein ehemaliger Pressesprecher folgen.
Berlin taz | Noch ist die Personalie nicht bestätigt. Erst „in einigen Tagen oder sogar Wochen“ könne man darüber sprechen, sagte [1][Dariusz Pawłoś am Montag Radio Poznań]. Doch die Anzeichen verdichten sich, dass der [2][Co-Geschäftsführer des Deutsch-Polnischen Jugendwerks] Nachfolger von [3][Andrzej Przyłębski] als Botschafter Polens in Deutschland wird. Er wäre ein alter Bekannter.
Vor seinem Job beim Jugendwerk, den er erst im März übernommen hatte, war Pawłoś Sprecher der polnischen Botschaft in Berlin und damit ein Sprachrohr des PiS-Hardliners Przyłębski. Der allerdings hatte im Herbst vergangenen Jahres das Handtuch geschmissen. Unter anderem hatten Feministinnen der Gruppe „Dziewuchy Berlin“ [4][vor dem Haus des Botschafters und seiner Frau Julia Przyłębska demonstriert]. Als Präsidentin des polnischen Verfassungsgerichts ist Przyłębska verantwortlich für das faktische Abtreibungsverbot in Polen.
Ein Hardliner wie sein Vorgänger, der immer wieder gegen den „nihilistischen“ Westen wetterte, wäre Pawłoś nicht. Vor seiner Zeit in der Botschaft hat er mehr als 20 Jahre für die Stiftung „Polnisch-Deutsche Aussöhnung“ gearbeitet. Im Interview mit Radio Poznań betonte er, dass die deutsch-polnischen Beziehungen auf einer „soliden Grundlage“ stünden. Als Beispiel nannte er die Zusammenarbeit auf der „wirtschaftlichen, politischen, zivilgesellschaftlichen und kulturellen Ebene“.
1,3 Billionen-Note im Gepäck
Einer der ersten Jobs, die er als Botschafter erledigen müsste, wäre eine heikle Mission. Er müsste die diplomatische Note übergeben, in der Polen von Deutschland [5][Reparationen in Höhe von 1,3 Billionen Euro] fordert. Im Radiointerview verteidigte Pawłoś die Forderung. Im Ton könnte sich mit ihm etwas ändern. In der Sache nicht.
13 Sep 2022
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