taz.de -- Notenbank Fed will Inflation stoppen: USA mit Jumbo-Zinsschritt

Die US-Notenbank Fed erhöht die Leitzinsen erneut mit einem gewaltigen Schritt – und nährt so Befürchtungen, dass dem Land eine Rezession droht.
Bild: Er riskiert, die Konjunktur abzuwürgen: Fed-Chef Powell

Washington/Berlin rtr | Trotz heraufziehender Rezessionsgefahr in den USA treibt die Notenbank Fed den Leitzins im Kampf gegen die Inflation weiter kräftig in die Höhe. Sie hob ihn am Mittwoch um 0,75 Prozentpunkte an – so wie bereits im Juni. Nach dem geldpolitischen Doppelschlag liegt der geldpolitische Schlüsselsatz nun bereits in einer Spanne von 2,25 bis 2,50 Prozent.

[1][Laut Fed-Chef Jerome Powell könnte die Notenbank im September einen dritten großen Schritt folgen lassen]. Sie würde damit zu einem Zinsniveau vorstoßen, das die Konjunktur bereits leicht bremst. Powell räumte ein, dass es nicht leicht werde, die angestrebte weiche Landung zu erreichen: „Doch ich glaube nicht, dass sich die Wirtschaft in einer [2][Rezession] befindet“, fügte der Fed-Präsident hinzu. Mit Blick auf den starken Arbeitsmarkt könne derzeit nicht von einer Konjunkturschwäche auf breiter Basis die Rede sein.

Die Währungshüter zeigten sich zugleich fest entschlossen, die weit über das Ziel der Notenbank von zwei Prozent hinausgeschossene Teuerung zu drücken. „Fed-Chef Powell hat erneut klargemacht, dass die Inflationsbekämpfung Priorität hat, selbst um den Preis einer Rezession“, meint Commerzbank-Ökonom Bernd Weidensteiner. Nach seiner Darstellung dürfte diese insgesamt massive Straffung die US-Wirtschaft Anfang 2023 in eine „richtige“ Rezession drücken, die sich dann auch deutlich am Arbeitsmarkt bemerkbar machen werde.

Wegen der stark gestiegenen Kosten für Lebensmittel, Mieten und Energie bleibt vielen US-Bürgern weniger im Portemonnaie. Die Inflationsrate lag zuletzt bei 9,1 Prozent – das höchste Niveau seit Ende 1981. Manche Experten befürchten jedoch, dass die Fed bei der Bekämpfung der Inflation zu aggressiv vorgehen und somit die Konjunktur abwürgen könnte. Die Wirtschaft war bereits zu Jahresbeginn auf Talfahrt gegangen. Für die am Donnerstag anstehenden Daten für das US-Bruttoinlandsprodukt im zweiten Quartal erwarten Fachleute ein relativ mageres Plus von aufs Jahr hochgerechnet 0,5 Prozent.

Dritter großer Schritt im September?

Es sei schon außergewöhnlich, dass die Fed in so kurzer Abfolge so hart auf die Bremse trete, sagte Ökonom Bastian Hepperle von der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank nach dem Zinsbeschluss. Aber alles, was für die Fed derzeit zähle, sei der Kampf gegen die immer noch zu hohe Inflation.

Der nächste Zinsentscheid im September werde ein weiteres Mal im Zeichen der Inflationsbekämpfung stehen, so LBBW-Analyst Elmar Völker. Denn eine echte Entspannung beim Preisdruck stehe kurzfristig trotz zuletzt rückläufiger Energiepreise nicht zu erwarten: „Wir halten daher einen dritten ‚Jumbo‘-Zinsschritt um 75 Basispunkte in Folge für realistisch, welcher die Ausrichtung der US-Geldpolitik erstmals seit 2008 auf restriktives, sprich konjunktur- und inflationsdämpfendes Terrain führt.“

Fed-Chef Powell bekräftigte, dass ein Zinsniveau von drei bis 3,5 Prozent zum Jahresende ein anzustrebendes „moderat restriktives Niveau“ der Geldpolitik sei – also die Konjunktur bereits leicht bremse. Dann werde es wahrscheinlich angebracht sein, eine langsamere Gangart einzuschlagen.

Die Aussicht auf ein niedrigeres Tempo bei den Zinserhöhungen der Notenbank gab den US-Börsen Auftrieb. Die Aktienindizes Dow Jones, Nasdaq und S&P 500 bauten ihre Gewinne aus und stiegen bis kurz vor Handelsschluss um bis zu knapp 4,4 Prozent.

28 Jul 2022

LINKS

[1] https://twitter.com/federalreserve/status/1552391343133057025?ref_src=twsrc%5Egoogle%7Ctwcamp%5Eserp%7Ctwgr%5Etweet%7Ctwtr%5Etrue
[2] /Galoppierende-Inflation-in-den-USA/!5864484

TAGS

Fed
Zinspolitik
Rezession
Konsum
Grüne Bayern
Schwerpunkt Klimawandel
USA
USA
Euro
Wirtschaft

ARTIKEL ZUM THEMA

Konsum bricht ein: Düstere Aussichten

Wegen weiterhin hoher Preise halten sich Verbraucher*innen beim Lebensmittelkauf zurück. Im zweiten Halbjahr könnte es noch schlimmer werden.

Laufzeitverlängerung bayerischer AKWs: „Bayerische Probleme dort lösen“

Jürgen Trittin schaltet sich in die Atomdebatte ein. Laut BUND-Studie könnte eine Laufzeitverlängerung an den nötigen Sicherheitsprüfungen scheitern.

Neuer Bericht von Rückversicherer: Viele Klimakatastrophen

Der Rückversicherer Munich Re dokumentiert von Naturkatastrophen verursachte Schäden. 65 Milliarden Dollar kosteten sie im ersten Halbjahr.

Einigung zwischen US-Demokrat*innen: Klimagesetz wiederbelebt

Ein neues Gesetz soll Energie- und Gesundheitskosten in den USA senken. Die Klimainvestitionen im Paket sind historisch, aber kleiner als zu Beginn.

Galoppierende Inflation in den USA: Keine Angst mehr vor dem R-Wort

In den USA steigen die Preise noch drastischer als in der EU – die Inflationsrate erreicht den höchsten Wert seit 1981. Wie soll es weitergehen?

Euro pari zum Dollar: Tiefster Stand seit 20 Jahren

Ein Euro ist genauso viel Wert wie ein US-Dollar – und die Talfahrt könnte weitergehen. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

US-Notenbank FED hebt Zinsen an: Große Zinspolitik für kleine Leute

In den USA wurde diese Woche der Leitzins erhöht, die Europäische Zentralbank plant ähnliches. Wer profitiert davon? Und für wen wird's teuer?