taz.de -- „Die Agentin“ im ZDF: Es braucht volle Konzentration

Im Sommerloch gibt es einen neuen Thriller zu sehen. Die Geschichte dreht sich um wirre Verstrickungen in Geheimdienstkreisen und große Zweifel.
Bild: Zum ersten Mal im Free-TV: Diane Kruger als Mossad-Agentin

Am Rhein spaziert Thomas Hirsch (Martin Freeman) gerade durch die Gegend, als ihn ein Telefonanruf erreicht, der kryptischer nicht sein könnte: „Mein Vater ist gestorben“, sagt eine Frauenstimme, „zum zweiten Mal.“ Kurz danach klingelt das Mobiltelefon erneut. „Komm [1][nach Tel Aviv], wir brauchen dich!“, heißt es im Befehlston. Als Hirsch darauf partout keine Lust hat, wird eingelenkt. Ein Flug ist nicht nötig: „Wir haben eine sichere Wohnung in Köln.“

Achtung, Achtung: Wir befinden uns in Geheimdienstkreisen! Sie müssen also von Anfang an höllisch aufpassen, sonst kommen Sie weder in die etwas umständlich erzählte Geschichte hinein, noch können Sie dem detailliert erzählten, hübsch ausstaffierten Thriller folgen. Denn es lohnt sich. Zumal „[2][Die Agentin]“, eine Koproduktion zwischen Deutschland, Frankreich, Israel, Großbritannien und den USA, [3][mitten im Krimi-Sommerloch] als Free-TV-Premiere gesendet wird und dann für vier Wochen in der Mediathek zur Verfügung steht.

Worum geht es? Um eine Abrechnung. Deshalb spielt der spannende Film auf zwei Ebenen, das muss man aber erst mal schnallen und dann auch auseinanderhalten können.

Mit dem kryptischen Code meldet sich Rachel Currin (Diane Kruger) nach einem Jahr des Untertauchens bei ihrem ehemaligen Mossad-Führungsoffizier Hirsch. Das ist ein britischer Jude, der vor allem in Deutschland arbeitet und die Spionagekarriere von Rachel Currin befördert hat. Sie wurde in Deutschland ausgebildet, lebt gerade in Leipzig und wird vom israelischen Geheimdienst als Spionin rekrutiert. Currin geht als Deutschlehrerin in den Iran auf Mission.

Szenen wurden mit dem Handy aufgenommen

Mit modernsten, mitunter unorthodoxen, ja hanebüchenen Geheimdienstmitteln soll die Agentin dabei helfen, das Atomprogramm des Iran zu sabotieren. Dazu bandelt sie mit dem Geschäftsmann Farhad Razavi (Cas Anvar) erfolgreich an, dessen Firma in illegale Softwaredeals mit dem westlichen Ausland (Embargo!) beteiligt ist.

Das Spektakuläre an dem Film sind einige Szenen, die in Teheran mit dem Handy aufgenommen worden sind. Oder die Alltagsszenen auf dem Markt, in den Straßen, im Café, und illegale Partys mit Alkohol und Drogen etc. Auch schön: [4][Der Spionagethriller] lässt Ambivalenzen zu. Hauptheldin ist hier eine Frau, die skrupellos Menschen über die Klinge springen lässt, sobald sie und ihr Auftrag in Gefahr sind. Mit der Zeit aber kommen ihr immer mehr Zweifel an ihrem Tun. Und damit wird sie selbst zur Zielscheibe.

1 Aug 2022

LINKS

[1] /Terror-im-Heiligen-Land/!5846786
[2] https://www.zdf.de/filme/spielfilm-highlights/die-agentin-104.html
[3] /Helen-Dorn-ermittelt-in-Hamburg/!5866951
[4] /Spionagethriller-Aus-naechster-Distanz/!5524093

AUTOREN

Andreas Hergeth

TAGS

TV-Krimi
Krimi
ZDF
Diane Kruger
Israel
Tatort
Spielfilmdebüt
TV-Krimi
Serien-Guide
Polizeiruf 110

ARTIKEL ZUM THEMA

Tatort aus Wiesbaden: Mit der Bärenfalle ermittelt

Wenn der analogste Ermittler, den der „Tatort“ zu bieten hat, plötzlich Fachmann für Cyberkriminalität ist, da sagen wir mal ganz deutlich: na ja.

ZDF-Film „Ivie wie Ivie“: Sie kommt aus Leipzig

Der Spielfilm „Ivie wie Ivie“ im ZDF porträtiert eine junge Afrodeutsche. Regisseurin Sarah Blaßkiewitz legt damit ein lässiges Debüt hin.

Helen Dorn ermittelt in Hamburg: Die ewige Suche

Im Sommerloch laufen kaum neue Krimis. Unser Autor hat einen aus Hamburg entdeckt – das ZDF hatte allerdings dann doch keine Lust mehr.

Amazon-Serie „Damaged Goods“: Auf der Suche nach irgendwas

Die Serie „Damaged Goods“ erzählt von den Träumen und Krisen einer Gruppe Endzwanziger. Und setzt dabei auf altbekannte Narrative.

Polizeiruf 110: Ach, die menschliche Psyche

In der neuen „Polizeiruf 110“-Folge „Blackbox“ geht es darum, wie leicht Erinnerungen sich manipulieren lassen. Das ist wendungsreich und emotional.