taz.de -- Stromsparen in Berlin: Die Stadt, die Lichter
Das Brandenburger Tor wird wohl bald nachts nicht mehr beleuchtet. Es sind nicht die einzigen Lampen, die Berlin dauerhaft ausknipsen sollte.
BERLIN taz | Irgendwo muss man ja anfangen mit dem Energiesparen. Das war schon in unserem WG-Treffen Anfang des Jahres angesichts drohender hoher Stromkosten Konsens. Seitdem achten wir darauf, dass die Lampen in Wohnzimmer, Bad, Küche und Flur nicht unnötig brennen. Und sind damit ganz auf Linie mit unserer Regierenden Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD), der nun auch aufgefallen ist, wie einfach Energiesparen sein kann. „Ich bin als Kind so groß geworden: Wenn keiner im Zimmer ist, wird das Licht ausgemacht“, sagte sie der Deutschen Presseagentur. „Das ist ganz einfach und nichts Neues.“
Dieses Prinzip will Giffey nun auf ganz Berlin übertragen. Nach Mitternacht könnten doch die Lampen ausgeschaltet werden, die öffentliche Gebäude wie das Brandenburger Tor, das Rote Rathaus oder den Fernsehturm anstrahlen: „In der Lage, in der wir sind, muss man alle Möglichkeiten zum Energiesparen prüfen.“ Und die Lampen abzuschalten – das täte erst mal niemandem weh und davon müsse auch niemand frieren.
Beim Land prüft man nun das Einsparpotenzial, und das ist wohl tatsächlich da: Der Tagesspiegel hatte bereits in der Mittwochausgabe seines [1][Checkpoint-Newsletters] nachgehakt und herausgefunden, dass das Land mehr als 200 Objekte nachts anstrahlen lässt (die übrigens dann immer jede Nacht alle einzeln abgeschaltet werden müssten).
Auch Reklame verbraucht Strom
Der ehemalige grüne Bundestagsabgeordnete Christian Ströbele will noch weiter gehen. „Alle reden vom Kaltduschen. Aber wenn Stromsparen so angesagt ist, sollte erst mal die Leuchtreklame in allen Städten abgestellt werden – nicht erst im Winter“, hatte er am Dienstag getwittert. „Die braucht doch niemand.“
Dass es mit ausgeschalteter Reklame und unbeleuchteten Wahrzeichen dann dunkel wird in Berlin, muss niemand befürchten. Schließlich gibt’s genug Läden, die ihre Lampen immer an lassen – auch dann, wenn sie geschlossen haben und niemand da ist. So wie ein Bio-Supermarkt bei uns um die Ecke, der auch nachts noch hell erleuchtet ist. Dort nennen sie es „Nacht- oder Notbeleuchtung“. Zu der Frage, ob und warum sie notwendig sei, wollte man dort nichts sagen. Pläne, sie dauerhaft abzuschalten, scheint es auch nicht zu geben.
Doch auch in den Läden könnte sich das Lichtausknipsen lohnen. Denn in [2][den 250 größten Lebensmittelunternehmen macht Strom laut einer (schon etwas älteren) Studie] mehr als siebzig Prozent der Energiekosten aus, bei den 250 größten Unternehmen im Non-Food-Bereich (und damit ohne Kühlung) sind es immer noch mehr als 60 Prozent. Wenn das Land also mit dem Ausknipsen in den eigenen Zimmern fertig ist, könnte es hier direkt weitermachen.
13 Jul 2022
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