taz.de -- Nervende Rauchende: Endlich mal Dampf ablassen
Raucher*innen begegnet man überall, vor allem jetzt im Sommer. Unser Autor ist mittlerweile ziemlich genervt und fordert mehr Rücksicht.
Neulich saß ich auf dem Fahrrad, trat in die Pedale, minding my own damn business, als ich plötzlich nichts mehr sehen konnte. Problem: Ich war flott auf einem in die Jahre gekommenen Fahrradweg zwischen parkenden Autos und Stadtbäumen unterwegs. Nur mit viel Glück konnte ich abrupt bremsen und mich angelehnt an einen Busch wieder sammeln. Ich rieb mir die Augen, langsam sah ich wieder etwas. Wenn auch erst nur verschwommen durch Tränen: Auf meinem T-Shirt war überall Asche, in meinem Bart, meine Augen wurden Millisekunden zuvor von Asche geblendet.
Die verantwortliche Person für diesen Beinaheunfall, der schlimm hätte enden können, stand ein paar Meter vor mir an einer roten Fahrradampel. Sie hatte – wie ich – einen Helm auf: Safety first. Was ich auch noch gut erkennen konnte, war eine glimmende Zigarette, an der sie während der Fahrt und auch beim Warten an der Ampel genüsslich zog. Ich versuchte sie zur Rede zu stellen, aber sie war schneller.
Als ich wieder fahrtauglich war, schaltete die Ampel auf Rot und die dampfende Fahrradfahrer*in war längst abgebogen. Lucky Strike for her! Ich bin richtig wütend und möchte also diese Kolumne instrumentalisieren, um über rücksichtslose Raucher*innen mal Dampf abzulassen. Rauchende Fahrradfahrer*innen bringen nämlich [1][eine gefährliche SUV-Mentalität] mit. Dass hinter ihnen andere Verkehrsteilnehmende im Fahrtwind von ihrem menschengemachten Pompeji begraben werden, interessiert sie null.
Ich bin wütend, weil das so oder so ähnlich nicht zum ersten Mal passiert. Der Klassiker sind Raucher*innen, die ihr Verlangen nach Nikotin nicht mehr 21 Sekunden hinauszögern können und beim Aussteigen aus der U-Bahn schon unten eine Zigarette anzünden müssen. Wenn man Pech hat, laufen sie auf der Treppe direkt vor einem und aschen dir ins Gesicht.
An gefühlt jeder Tram- oder Bushaltestelle steht im Wartehäuschen [2][ein*e Raucher*in, der*die] es kaum erwarten kann, dass man den Rauch aus seinen*ihren kaputten Lungen einatmet. Richtig iii. Vaper*innen sind ausdrücklich mitgemeint. Die Stadt Potsdam hat vor Kurzem damit angefangen, an solchen Haltestellen Raucher*innen an die Seite zu bitten, an Designated Smoking Areas, da wo Raucher*innen halt hingehören. Schwieriger wird es im Sommer, [3][wenn auf der Terrasse von Cafés und Restaurants] Raucher*innen genüsslich 40 Zentimeter am Nebentisch alle mit ihrem Gift belästigen, weil es ist ja an der (dann halt nicht mehr so) frischen Luft. Wie kann man diese Leute nur auf ihr Verhalten aufmerksam machen?
Mein Vorschlag: Auf den hässlichen Zigarettenverpackungen – auf die mindestens 1 Euro Tabaksteuer pro Zigarette erhoben werden sollte – müsste neben den anscheinend wirkungsarmen Ekelbildern ein unmissverständlicher Hinweis gedruckt werden: „Rücksichtslosigkeit tötet!“
14 Jun 2022
LINKS
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Aromatisierter Tabak ist künftig in Tabakerhitzern verboten. Der Drogenbeauftragte sieht aber weiteren Handlungsbedarf, um Jugendliche zu schützen.
Generell weiß der Nafri, wie mit Sommerhitze umzugehen ist. Eine unschlagbare wie effektive Grundregel: Drinnen bleiben und faulenzen.
Die Preise für Zigaretten steigen ab 2022 leicht. Besonders hohe Aufschläge gibt es bei Tabakerhitzern und E-Zigaretten. Der Staat erleichtert die Entwöhnung.
Tabakkonzerne für eine rauchfreie Welt? Philip Morris erntet für seinen Werbekampagne #Unsmoke vor allem Kritik – zu Recht.
Räuchern ist so einfach wie grillen, sagt der gelernte Fischereiwirt Michael Wickert. Man braucht nur eine Tonne oder einen Kugelgrill.