taz.de -- Soldaten aus ukrainischem Stahlwerk: Die mit der Wolfsangel
Wer sind die ukrainischen Militärs, die sich in Mariupol ergeben haben? Manche gehören zum Asow-Regiment, das rechtsradikale Wurzeln hat.
Berlin taz | Kurzen Prozess will Andrei Klischas, Vorsitzender des Ausschusses des Russischen Föderationsrates für Verfassungsgesetzgebung und Staatsaufbau, mit den „Neonazis des Asow-Bataillons“ machen, berichtet die russische Agentur ura.news. Da die russische Verfassung die Todesstrafe verbiete, solle man diese ukrainischen Militärs doch am besten in den „Volksrepubliken“ Donezk und Luhansk verurteilen und hinrichten, so der Senator. Dort ist die Todesstrafe erlaubt.
Die Rede ist von den ukrainischen Militärs, die sich in [1][Mariupol den russischen Belagerern ergeben hatten]. Ein großer Teil von ihnen gehört dem „Asow“-Regiment an, und das ist für Russland eine neonazistische Vereinigung.
„Asow“ hat in der Tat rechtsradikale Wurzeln. Der Gründer der Bewegung, Andrij Bilezkij, war in seiner Heimatstadt Charkiw eine stadtbekannte Größe der rechtsradikalen Szene. Die von Asow-Kommandeur Bilezkyi angeführte Organisation „Patrioten der Ukraine“ habe noch 2008 in Charkiw Hitlers „Mein Kampf“ verteilt, berichtete Ewgenij Sacharow, Direktor der „Menschenrechtsgruppe Charkiw“, 2017 der taz.
Der britische Telegraph zitiert Bilezkyj mit den Worten: „Die historische Mission unserer Nation in diesem kritischen Moment ist es, die Weißen Rassen der Welt in einen letzten Kreuzzug um ihr Überleben zu führen.“
Weniger politisiert
Auch das von Asow verwendete Symbol der [2][Wolfsangel] gilt als Erkennungszeichen der Rechtsradikalen. Es war zu Zeiten des Nationalsozialismus von nationalsozialistischen Organisationen und SS-Einheiten verwendet worden. Doch die Organisation hat sich seit ihrer Gründung 2014 gewandelt. Zu dieser Auffassung kommt auch Asow-Kritiker Sergey Movchan. Der Koordinator des Projekts „Violence Marker“, das rechte Gewalt in der Ukraine dokumentiert, beobachtet die ukrainische rechte Szene seit Jahren.
Im Vergleich zu ihren Anfängen sei Asow heute viel weniger politisiert, mache praktisch kaum noch eigene politische Aussagen, so Movchan zur taz. Gleichzeitig habe auch der Anteil der Rechtsextremen bei Asow abgenommen. „Vor nicht allzu langer Zeit hat Asow sogar erklärt, dass sie keine Nazis, sondern Patrioten seien. Und der einzige Nazi sei Putin.“
Man müsse auch, so Movchan, unterscheiden zwischen dem Regiment Asow und Vereinigungen, die ebenfalls den Namen Asow in ihrer Bezeichnung führen. Diese seien viel politisierter als das Regiment Asow. Auf keinen Fall, so Movchan, sei die Anwesenheit von Rechtsextremen ein Grund, den Menschen, die Mariupol verteidigen, jetzt nicht zu helfen. Die Mehrheit der Verteidiger:innen seien reguläre Militärs und nicht Asow-Leute.
Spaltungsprozesse und Neugründungen
Auch Stanislaw Kibalnyk von der Charkiwer Plattform assembly.org.ua, ebenfalls ein Kenner der rechtsextremen Szene in der Ukraine, sieht den Einfluss rechtsradikalen Gedankengutes abnehmen. „Die Zunahme der patriotischen Stimmung in unserem Land hat dazu geführt, dass die Rechtsradikalen bei der Verteidigung des Landes eine viel geringere Rolle spielen als noch 2014“, so Kibalnyk zur taz. Zu einer weiteren Schwächung der Rechtsradikalen hätten Spaltungsprozesse und Neugründungen weiterer Gruppierungen und eine zunehmende Aktivierung von bisher unpolitischen Gesellschaftsschichten beigetragen.
Die Geister scheiden sich jedenfalls an Asow. Während man in Russland deren Kämpfern den Tod wünscht, haben sie nach den Ereignissen von Mariupol ihr Standing in der Ukraine weiter verbessert. Nun gelte es, so der Chefredakteur von Censor.net, Juri Butusow, auf gordonua.com, eine eigene Asow-Sturmbrigade bei den ukrainischen Streitkräften zu gründen. Und die sollte sich an der Kampfeffizienz von Asow, deren nationalistischer Ideologie und den Grundsätzen der Organisation ukrainischer Nationalisten (OUN) orientieren.
18 May 2022
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