taz.de -- Vormarsch der US-Abtreibungsgegner: Etappensieg für Frauenfeinde

Der Allianz aus Religiösen, Nationalisten und radikal Rechten geht es nicht um vermeintlich gute Gründe. Ihnen geht es ums Prinzip.
Bild: Ihnen geht es um das Prinzip: Abtreibungsgegner in Mississippi

Manche mögen meinen, dass Abtreibungen nur in seltenen Ausnahmefällen möglich sein sollten. Und dass [1][der Bundesstaat Mississippi] das Richtige tue, wenn er das Zeitfenster für den Eingriff um Wochen verkürzen will.

Den [2][radikalen Abtreibungsgegnern] geht es jedoch weder um Fristen noch darum, ob eine Frau vergewaltigt worden ist oder welche Gründe auch immer sie zu der Entscheidung gegen das Kind bringen. Ihnen geht es um das Prinzip.

Die Allianz von konservativen Religiösen, Nationalisten und radikal Rechten kämpft seit einem halben Jahrhundert gegen das Selbstbestimmungsrecht der Frauen. Mit systematischer Methode setzen sie immer neue Gesetze, Regeln und finanzielle Hürden durch, die alle das eine große Ziel verfolgen: das generelle Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen.

Schon vor dem [3][Grundsatzurteil von 1973 „Roe gegen Wade“] hat es in den USA Abtreibungen gegeben. Und es wird sie auch in Zukunft geben. Aber sie werden gefährlicher und sozial ungerechter sein. Frauen, die sich teure Reisen und Ärzte leisten können, werden sich zu helfen wissen.

Heuchelei, die zum Himmel stinkt

Wer kein Geld hat, wird die ungewollten Kinder bekommen oder bei EngelmacherInnen Hilfe suchen, bei denen die Eingriffe tödlich enden können.

Die Heuchlerei der selbst ernannten „Lebensschützer“ stinkt zum Himmel. Denn sie verteidigen zugleich „Freiheiten“, die nichts mit dem Schutz von Leben zu tun haben. Sie treten ein für das Recht auf Schusswaffen und für die Todesstrafe. Sie kämpfen weder gegen die extreme Armut noch gegen das Fehlen einer Krankenversicherung für Millionen.

Ihr Engagement gilt dem Festhalten an der alten Ordnung und Macht. Der Rest der Welt kann über die Rückwärtsgewandtheit der Konservativen in den USA den Kopf schütteln. Doch sollte sich niemand der Illusion hingeben, dass der Kreuzzug bei dem Verbot von Abtreibung und an den Grenzen der USA haltmachen wird. Ihre Netzwerke agieren längst global.

2 Dec 2021

LINKS

[1] /US-Abtreibungsgegner-ziehen-vor-Gericht/!5815919
[2] /Abtreibungsrecht-in-den-USA/!5773731
[3] /Recht-auf-Abtreibung-in-den-USA/!5720971

AUTOREN

Dorothea Hahn

TAGS

Schwerpunkt Abtreibung
Abtreibungsgegner
Konservative
USA
Schwerpunkt USA unter Trump
Schwerpunkt Abtreibung
USA
Mike Pence
USA
USA

ARTIKEL ZUM THEMA

Bombenanschlag in den USA: Anschlag auf reproduktive Rechte

Bei einem Bombenanschlag auf eine Fruchtbarkeitsklinik in Kalifornien kommt ein Mensch zu Tode, vier weitere werden verletzt. FBI spricht von Terror.

Mahnwache gegen Abtreibungen: Protestbann vor Pro Familia gekippt

Der Verwaltungsgerichtshof Mannheim erlaubt Abtreibungsgegner:innen Demos vor einer Pforzheimer Beratungsstelle – nicht aber „in nächster Nähe“.

Protest für Abtreibungsrechte in den USA: Ausgehöhlt und umgangen

In den USA könnte womöglich die Abtreibungsfreiheit fallen. Mehrere Bundesstaaten halten dafür schon drakonische Gesetze bereit.

US-Abtreibungsgegner ziehen vor Gericht: Abtreibungsrecht in Gefahr

In den USA ist eine Mehrheit für die Beibehaltung des Rechts auf Abtreibung. Doch die GegnerInnen hoffen jetzt auf das Oberste Gericht.

Abtreibungsdebatte in den USA: Texas war erst der Anfang

Der Oberste Gerichtshof prüft ein Antiabtreibungsgesetz in Mississippi. Geht das durch, ist die Abtreibungsfreiheit in den USA Geschichte.

Abtreibungsrecht in den USA: Die USA auf dem Weg 50 Jahre zurück

Backlash für Frauenrechte: Der Gouverneur von Texas unterschreibt ein Verbot von Abtreibungen nach der 6. Schwangerschaftswoche.