taz.de -- Bau von Erneuerbaren in Deutschland: Windkraft legt zu
In Deutschland werden wieder mehr Windkraftanlagen gebaut. Wichtige Hemmnisse aber bleiben, zum Beispiel zu wenige Flächen und Artenschutz.
Der Zubau von Windkraftanlagen an Land hat in Deutschland in den ersten neun Monaten des Jahres 2021 [1][nach zwei schwachen Jahren] wieder deutlich zugelegt. Nach einer Summe von 1078 Megawatt im Gesamtjahr 2019 (abzüglich abgerissener Altanlagen blieb ein Nettozubau von 981 Megawatt), und einem Zubau im Jahre 2020 von 1431 Megawatt (1208 Megawatt netto) wurden nun in den ersten neun Monaten bereits 1372 Megawatt (1200 Megawatt netto) errichtet. Das geht aus Zahlen der Fachagentur Windenergie an Land hervor.
Verglichen mit dem Zubau in den ersten drei Quartalen des Jahres 2020 lag der Anstieg im laufenden Jahr bei 56 Prozent. Gemessen an den Spitzenjahren 2014 bis 2017 war dies gleichwohl noch ein geringer Wert: Alleine 2017 waren Neuanlagen mit 5334 Megawatt ans Netz gegangen (Nettozubau 4866 Megawatt).
Anders als noch vor einigen Jahren, als der [2][Windkraftzubau] vor allem von den jeweils geltenden Regelungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) abhing, sind zwischenzeitlich andere Faktoren in den Vordergrund gerückt: „Die aus meiner Sicht gewichtigsten Hemmnisse sind derzeit die [3][zu geringe Flächenverfügbarkeit] für weitere Windenergieanlagen sowie der Artenschutz“, sagt Jürgen Quentin von der Fachagentur Windenergie an Land.
Ähnlich ist auch das Fazit des jüngsten Berichts des Bund-Länder-Kooperationsausschusses zum Stand des Ausbaus der erneuerbaren Energien: Zentrales Hemmnis sei „die unzureichende Verfügbarkeit von rechtswirksam ausgewiesenen Flächen für die Windenergie an Land“. In den Sondierungsgesprächen von SPD, Grünen und FDP wurde bereits definiert, dass zwei Prozent der Landesflächen als Windkraftgebiete ausgewiesen werden sollen. Das wären in Deutschland gut 7000 Quadratkilometer. Bisher ist eine Fläche von rund 3100 Quadratkilometern als Windfläche ausgewiesen, etwa 0,9 Prozent des Landes.
Große Hemmnis sind Planungsverfahren
Das große Hemmnis beim Ausbau sind laut Bericht des Bund-Länder-Kooperationsausschusses die sehr langen und komplexen Planungsverfahren. Diese dauerten heute mindestens fünf, teilweise aber auch zwölf Jahre. Diese Zeiträume resultieren auch aus einer erheblichen Rechtsunsicherheit für die Planung, die sich aus unklaren europa- oder bundesrechtlichen Vorgaben und aufgrund divergierender Rechtsprechungen ergebe.
Speziell unklare Vorgaben zum Natur- und Artenschutz bremsten den Ausbau. Daraus resultierten Verfahrens- und Abwägungsfehler die „in Verbindung mit einer hohen Klagebereitschaft“ ein erhebliches Risiko mit sich brächten, weil Planungen scheitern können oder zeitintensiv wiederholt werden müssen. So wird der Arten- und Naturschutz von vielen Bundesländern als zentrales Hemmnis für den Windenergieausbau wahrgenommen.
Zubau zu gering
Die Ausschreibungsmengen hingegen seien „bislang kein Bremsklotz“, sagt Branchenkenner Quentin. Die ersten beiden Ausschreibungen für Windenergie an Land in diesem Jahr waren unterzeichnet, erst in der dritten und letzten Runde für 2021 im September wurden mal wieder mehr Angebote eingereicht als Volumina ausgeschrieben worden waren.
Für das Gesamtjahr 2021 rechnen die Branchenverbände nun mit einem Bruttozubau von 2200 bis 2400 Megawatt – störungsfreie Abläufe in den Lieferketten vorausgesetzt, was derzeit in der gesamten Wirtschaft nicht selbstverständlich ist. Aber auch solcher Zubau sei zu gering, um das im deutschen Klimaschutzgesetz festgeschriebene Ziel von 65 Prozent CO2-Minderung in Deutschland bis 2030 zu erreichen, so der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau, VDMA. Denn nachdem das Bundeswirtschaftsministerium in diesem Jahr seine Stromverbrauchsprognose angehoben hat, sei „eine weitere Erhöhung der jährlichen Brutto-Ausbauziele für die Windenergie an Land auf mindestens 5000 Megawatt in Deutschland erforderlich“.
2 Nov 2021
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