taz.de -- Krieg in Syrien: IS meldet sich zurück

In Syrien und Irak verübt der „Islamische Staat“ wieder regelmäßig Anschläge. Das russische Militär will nun 200 Aufständische getötet haben.
Bild: Ein russischer Kampfjet auf dem Stützpunkt im syrischen Latakia

Berlin taz | Es ist ruhig geworden um den „Islamischen Staat“ (IS). Die medienwirksamen Bilder von aufgespießten Köpfen in syrischen Städten gehören seit der Zerschlagung des selbst ausgerufenen „Kalifats“ 2019 der Vergangenheit an. Doch von der breiten Öffentlichkeit kaum wahrgenommen, haben sich die Dschihadist*innen mit regelmäßigen Anschlägen in Syrien und Irak längst zurückgemeldet.

„Der IS ist weiter in der Lage, einen anhaltenden Aufstand in Irak und Syrien zu führen“, [1][warnten] die US-Geheimdienste Mitte April in einer Bedrohungsanalyse. In Syrien, wo das Regime fast alle urbanen Zentren wieder unter Kontrolle gebracht hat, sind vor allem die durch Wüste geprägten Landesteile in Zentral- und Ostsyrien betroffen.

Fast täglich seien im vergangenen Jahr in Gebieten wie der Provinz Deir Ezzor Anschläge gemeldet worden. Hunderte Menschen seien bei gezielten Angriffen getötet worden, [2][schreiben] die Analyst*innen des Counter Extremism Project.

Auch in den von kurdischen Kräften kontrollierten Flüchtlings- und Gefangenenlagern im Nordosten leben noch Tausende Anhänger oder ehemalige Anhänger des IS. Im Lager al-Hol war es zuletzt zu einem Dutzend Morden gekommen, für welche die kurdische SDF-Miliz den IS verantwortlich macht. Auch ein Mitarbeiter von Ärzte ohne Grenzen wurde getötet.

Russischer Luftangriff

Das mit dem syrischen Regime verbündete russische Militär meldete am Montag, es habe bei einem Angriff auf eine Stellung in Syrien mindestens 200 Aufständische getötet. Zudem sollen auf dem Stützpunkt bei Palmyra größere Mengen an Munition zerstört worden sein. Ob es sich bei den Getöteten um IS-Anhänger*innen handelte, ließ das Militär offen; das Verteidigungsministerium sprach lediglich von „Terroristen“.

Unterdessen ist die syrische Regierung unter Baschar al-Assad bemüht, ein Bild der Normalität zu vermitteln. Für den 26. Mai ist eine Präsidentschaftswahl geplant. Im Ausland lebende Syrer*innen sollen schon am 20. Mai ihre Stimme abgeben. Allerdings haben viele, die vor dem Regime geflohen sind, keine Ausweispapiere mehr.

Auch ist davon auszugehen, dass in den letzten von der Opposition kontrollierten Gebieten Syriens nicht gewählt werden kann. Auch deshalb wird erwartet, dass Assad gewinnen wird. Bei der letzten Wahl 2014 soll er mit über 88 Prozent der Stimmen im Amt bestätigt worden sein.

20 Apr 2021

LINKS

[1] https://www.dni.gov/files/ODNI/documents/assessments/ATA-2021-Unclassified-Report.pdf
[2] https://www.counterextremism.com/blog/isis-redux-central-syria-insurgency-march-2021

AUTOREN

Jannis Hagmann

TAGS

Russland
Schwerpunkt Syrien
„Islamischer Staat“ (IS)
Schwerpunkt Syrien
Irak
Schwerpunkt Syrien
Islamismus
Lesestück Recherche und Reportage
Schwerpunkt Syrien
Schwerpunkt Syrien

ARTIKEL ZUM THEMA

Präsidentschaftswahl in Syrien: Schöne Fassade

Baschar al-Assad lässt sich in einer Scheinprozedur wiederwählen. Syrer*innen im Ausland und der Westen spotten darüber.

Politische Morde im Irak: Im Visier der Todeskommandos

Über zwei Dutzend junge Reformer wurden im Irak Opfer gezielter Anschläge. Am Wochenende wurden zwei weitere Aktivisten niedergeschossen.

Imperialistische Bestrebungen der Türkei: Ankara auf Expansionskurs

Die Türkei macht Ernst mit Ansprüchen auf frühere Gebiete des Osmanischen Reichs. Besonders deutlich werden die Großmachtvisionen in Nordsyrien.

Bundesweite Razzien: Islamistischer Verein verboten

Das Bundesinnenministerium verbietet die vermeintliche Hilfsorganisation Ansaar International. Sie soll Geld für islamistische Kämpfer etwa in Syrien gesammelt haben.

Vertrieben in Syrien: Der Himmel über Idlib

Ali Abdallah ist halbseitig gelähmt, doch aufgeben will er nicht. Er züchtet Tauben. In den Lagern spendet die Aufzucht der Tiere den Menschen Trost.

Geberkonferenz für Syrien-Kriegsopfer: Lage wird „katastrophal“

Eine Konferenz sammelt Milliardenzusagen für syrische Hilfsbedürftige inner- und außerhalb des Landes. Der Bedarf steigt schneller als die Hilfe.

10 Jahre Bürgerkrieg in Syrien: Schaut auf Nordsyrien!

Mit dem Arabischen Frühling kam in Syrien der blutige Krieg des Regimes gegen das Volk. EU und USA sollten die neuen Entwicklungen nicht ignorieren.