taz.de -- Unterstützung für DW Enteignen: Stadtgesellschaft schlägt zurück

Mit einem offenen Brief unterstützen Gewerkschaften und weitere Organisationen das Volksbegehren. Die Unterschriftensammlung gewinnt an Fahrt.
Bild: Sammler*innen von Unterschriften für das Volksbegehren DW enteignen melden Zulauf

Berlin taz | Der [1][Mietendeckel ist tot], das Volksbegehren [2][Deutsche Wohnen & Co. enteignen] lebt – und erhält immer mehr Rückenwind. In einer gemeinsamen Erklärung haben sich am Montag elf Organisationen hinter die Initiative gestellt, die die großen privaten Wohnungskonzerne vergesellschaften will. „Nach Jahrzehnten der Privatisierung von öffentlichem Eigentum und öffentlicher Daseinsvorsorge halten wir als Gewerkschaften, Mietervereine und Organisationen der Zivilgesellschaft ein Umsteuern für notwendig“, heißt es darin.

Die Organisationen, die allesamt bereits ihre Unterstützung beschlossen hatten, fordern in dem Schreiben ihre Mitglieder auf, sich an der Sammlung der benötigten 175.000 Unterschriften zu beteiligen, die für einen Volksentscheid notwendig sind. Mit Ver.di, IG Metall, GEW und der DGB-Jugend sind alle großen Gewerkschaften dabei. Ebenso gehören drei Mietervereine, die Naturfreunde Berlin und Gemeingut in BürgerInnenhand zu den Unterzeichnenden. Mit der Föderation Demokratischer Arbeitervereine DIDF ist auch eine türkeistämmige Organisation dabei.

Mit deutlichen Worten sprechen sich die zivilgesellschaftlichen Akteure für das Ziel der Kampagne aus: „Öffentliches Eigentum in demokratischer Verwaltung ist der einzige Weg, das Recht auf Wohnen für breite Schichten der Bevölkerung dauerhaft zu sichern und mit nachhaltigen statt gewinngetriebenen Maßnahmen zu einer ökologischen Wende beizutragen“, schreiben sie. [3][Deutsche Wohnen & Co. enteignen-Sprecher Ralf Hoffrogge] sieht in der Unterstützung ein wichtiges Zeichen: „Vergesellschaftung kommt aus der Mitte der Gesellschaft und wird gemacht für die Mehrheit der Berlinerinnen und Berliner“, kommentierte er.

Nach dem [4][Urteil des Verfassungsgerichts] vom Donnerstag, das den Mietendeckel zu Fall brachte, hat die Enteignungsinitiative einen deutlichen Aufschwung erfahren. Ihren eigenen Angaben zufolge waren allein am Samstag 120 Sammler*innenteams in der Stadt unterwegs; viele neue Mitstreiter*innen hätten sich gemeldet. Michael Prütz von Deutsche Wohnen enteignen sagte auf Anfrage der taz, die Sammlung habe „deutlich angezogen“. Am Wochenende seien 50 Prozent mehr Unterschriften als sonst gesammelt worden. „Die Leute sind [5][wütend]“, sagte Prütz.

19 Apr 2021

LINKS

[1] /Berliner-Mietendeckel-gekippt/!5763152
[2] /Deutsche-Wohnen-und-Co-enteignen/!t5562213
[3] /Kapitalismuskritik-am-Wohnungsmarkt/!5760422
[4] /Mietendeckel-Gesetz-in-Berlin/!5766576
[5] /Protest-nach-Entscheid-zum-Mietendeckel/!5766763

AUTOREN

Erik Peter

TAGS

Deutsche Wohnen & Co enteignen
Mietendeckel
Wochenkommentar
taz Plan
Deutsche Wohnen & Co enteignen
taz Plan
Schwerpunkt Rot-Rot-Grün in Berlin
Schwerpunkt Rot-Rot-Grün in Berlin
Mietendeckel
Lesestück Recherche und Reportage
Gentrifizierung
Schwerpunkt Gentrifizierung in Berlin

ARTIKEL ZUM THEMA

Gesetzentwurf des Berliner Enteignungsbegehrens: Nicht zum Nulltarif

Die Initiative Deutsche Wohnen & Co. enteignen hat einen Gesetzentwurf vorgelegt – doch was taugt der tatsächlich?

1. Mai in Berlin: Tag statt Arbeit

Diese Zeit der Krise schreit förmlich nach einem solidarischen Erdbeben. Die (Fahrrad-)Demos der nächsten Tage – mit Abstand und Maske.

Deutsche Wohnen & Co. enteignen: Deutlich über dem Soll

130.000 Unterschriften hat das Volksbegehren Deutsche Wohnen & Co enteignen bereits eingereicht. Angesichts vieler ungültiger, braucht es noch 90.000.

Verdrängung in Berlin: Hoffen und anpacken

Wer sich keine Hoffnung macht, wird nicht enttäuscht, verpasst aber auch das gute Leben. Hier einige hoffnungsvolle Termine.

Die Abwicklung des Mietendeckels: Deckel-Kater in Berlin

Der Senat will nach dem gekippten Mietendeckel einen Härtefallfonds auflegen. Ebenso gibt es Forderungen nach einem Deckel auf Bundesebene.

Berliner Mietendeckel gekippt: Klassenkampf von oben

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über den Berliner Mietendeckel gefährdet den sozialen Frieden.

Protest nach Entscheid zum Mietendeckel: Wut und Frust

Nachdem das Bundesverfassungsgericht den Mietendeckel kippt, ziehen mehrere Tausend Berliner:innen durch die Stadt. Sie sind wütend und enttäuscht.

Berliner Volksbegehren zum Enteignen: Blackbox Immobilienmarkt

Viele private Immobilienriesen verschleiern über Briefkastenfirmen ihren Besitz und ihre wahre Größe. Wie bekommt man diese Firmen enteignet?

Kapitalismuskritik am Wohnungsmarkt: „Das Problem an der Wurzel packen“

Ist „Deutsche Wohnen & Co enteignen“ eine sozialistische Bewegung? Eine Standortbestimmung mit dem Historiker und Kampagnensprecher Ralf Hoffrogge.

Volksbegehren Deutsche Wohnen enteignen: Enteignung wird günstiger

Vergesellschaftungen müssen wohl nicht zum Marktwert erfolgen: Ein wissenschaftliches Thesenpapier widerspricht der Kostenschätzung des Senats.