taz.de -- Geplanter Preis für Nawalny: Putintreue Filmlegende protestiert

Eine Jury in Russland wollte dem Oppositionellen Alexei Nawalny einen Filmpreis verleihen. Nun gerät sie unter Druck und klagt über Zensur.
Bild: Filmpreis für Alexei Nawalnys Dokumentationen über Korruption in höchsten Regierungskreisen?

Der Fall des [1][inhaftierten Kremlkritikers Alexei Nawalny] entzweit jetzt auch die russische Filmwelt. Anlass für das Zerwürfnis ist der Preis „Weißer Elefant“, der seit 1998 jährlich in über einem Dutzend Kategorien verliehen wird. Stifter der Auszeichnung ist die russische Gilde von Filmkritiker*innen, die zum russischen Verband der Filmschaffenden gehört. Deren Jury hatte auf die Liste möglicher Preisträger*innen in der Sparte „Ereignis des Jahres“ auch mehrere Dokumentationen von Alexei Nawalny über Korruption in höchsten Regierungskreisen gesetzt.

Darunter ist auch der Dokumentarfilm „Ein Palast für Putin“ über eine milliardenschwere Luxusimmobilie am Schwarzen Meer, die angeblich dem Präsidenten gehören soll. Der Streifen, der am 19. Januar und damit nur einen Tag nach der Festnahme Nawalnys auf dem Moskauer Flughafen viral ging, wurde bislang von 115 Millionen Personen abgerufen.

Die Gilde kündigte jetzt an, sich als Stifter des Preises zurückzuziehen. Für die entsprechende Begleitmusik sorgte auch der Filmregisseur, Schauspieler und Oscar-Preisträger [2][Nikita Michalkow]. Der 75-Jährige, der dem Verband der Filmschaffenden vorsteht und als mächtigster Mann des russischen Kinos gilt, ist ein treuer Freund von Wladimir Putin. Zu dessen 55. Geburtstag strahlte der staatliche Fernsehkanal „Rossija“ im Oktober 2007 einen 20-minütigen Beitrag aus, in dem sich Michalkow in Lobeshymnen auf die weise Staatsführung seines Idols erging.

Am 10. Oktober 2007 schrieb Michalkow einen offenen Brief an den „hochverehrten Wladimir Wladimoriwitsch“, in dem er Putin darum bat, doch bitte noch für eine weitere Amtszeit im Kreml zu bleiben. Auch jetzt, anlässlich des jüngsten Zwists in der Gilde, ließ Michalkow keinen Zweifel daran, wo er sich politisch verortet. Die Entscheidung, Nawalny auszuzeichnen, verstoße gegen die Grundsätze des Preises. Und: „Nawalny hat mit Kino nichts zu tun. Wenn ihr einen Preis für Politik verleihen wollt, liebe Freude, dann sprecht das auch klar und deutlich aus“, sagte er.

Aus den Reihen der Jury, die den Preis auch weiter kuratieren will, sind ganz andere Töne zu vernehmen. Die Jury sei dem Druck und dem Versuch einer zensurartigen Einmischung in ihre Tätigkeit ausgesetzt. Das widerspreche den Regeln und dem Geist einer freien Willensäußerung, heißt es in einer Erklärung. Und: Die Jury bleibe eine Geisel von archaischen verknöcherten Machtstrukturen und Stagnation innerhalb des Verbandes der Filmschaffenden. Besonders dieser Satz deutet darauf hin, dass die Auseinandersetzung wohl erst am Anfang steht.

18 Mar 2021

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Barbara Oertel

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