taz.de -- Brutale Festnahme in Frankfurt am Main: Polizisten suspendiert

Nach einer brutalen Festnahme in Frankfurt am Main werden drei beteiligte Polizisten vom Dienst entbunden. Passant:innen hatten die Szene gefilmt.
Bild: Nach Bekanntwerden des ersten Videos waren zunächst Disziplinarmaßnahmen eingeleitet worden

Frankfurt/Main afp/taz | Nach der Veröffentlichung zweier Videos von einem brutalen Polizeieinsatz gegen einen 29-Jährigen in Frankfurt am Main sind drei Beamte in der Mainmetropole vom Dienst suspendiert worden. Wie die Frankfurter Polizei am Nachmittag mitteilte, wurde gegen die Beamten am Mittwoch ein „Verbot des Führens der Dienstgeschäfte ausgesprochen“. Nach dem Einsatz in der Nacht zum Sonntag waren im Internet zwei Videos aufgetaucht, die zeigten, wie Polizisten auf den am Boden liegenden beziehungsweise schon in einem Polizeiauto sitzenden Mann eintreten.

Nach der Veröffentlichung des ersten Videos waren bereits zuvor Disziplinarmaßnahmen gegen einen Beamten eingeleitet worden – er wurde zunächst jedoch nicht suspendiert. Die Polizei erklärte nun, das ihr seit Dienstagabend vorliegende zweite Video aus einer anderen Perspektive sei „von besserer Qualität“. Zudem seien „die Handlungen der Festnahme klarer und deutlicher zu erkennen“. Eine erste Auswertung und Bewertung habe am Mittwoch zu Disziplinarverfahren gegen zwei weitere Beamte geführt. Zudem seien alle drei suspendiert worden.

Ein Video, das zu Wochenbeginn öffentlich wurde, zeigte einen Polizeieinsatz im Kneipenviertel von Frankfurt-Sachsenhausen vom frühen Sonntagmorgen. In dem Video ist zu sehen, wie uniformierte Einsatzkräfte einen jungen Mann im roten T-Shirt unsanft zu Boden ringen. Ein Polizist rammt dem bereits Liegenden zweimal sein rechtes Knie in die Seite.

Obwohl ein zweiter Beamter den jungen Mann bereits überwältigt hat und rittlings auf ihm sitzt, um ihn mit Kabelbindern zu fixieren, nähert sich ein weiterer Beamter mit kurzgeschorenen blonden Haaren und tritt den am Boden liegenden mit seinem Stiefel in die Seite.

Schmerzensschreie des Fixierten

Ein Kollege geht dazwischen und stellt sich zum Schutz vor den Mann am Boden, ein älterer Kollege drängt den jungen Beamten schließlich ab. Zu hören sind die Schmerzensschreie des Fixierten. Außerdem Proteste von den rund zwanzig Personen, mit denen der Festgenommene offenbar unterwegs gewesen war. Die werden von Polizeibeamten mit Pfefferspray vom Schauplatz abgedrängt. Mindestens einem von ihnen sprühen die Beamten Pfefferspray in die Augen.

„Der Festnahme vorausgegangen war ein Platzverweis gegen eine alkoholisierte Gruppe, in der sich auch der spätere Tatverdächtige befand“, teilte die Polizei in einer ersten Presseerklärung mit, nachdem der Vorfall bekannt wurde. „Aus der Gruppe heraus kam es zu diversen Beleidigungen gegen die eingesetzten Polizeibeamten.“

Der 29-Jährige soll darüber hinaus Beamte zum Teil ins Gesicht gespuckt haben“, heißt es in einer ersten Presseerklärung des Polizeipräsidiums. Der Mann habe sich seiner Festnahme „widersetzt, sodass er zu Boden gebracht wurde und sein Widerstand gebrochen werden musste“, so die Polizei: „Hierbei soll es zu unzulässiger Gewaltanwendung seitens der Polizeibeamten gegen den am Boden liegenden Tatverdächtigen gekommen sein.“

19 Aug 2020

TAGS

Polizei Hessen
Gewalt
Frankfurt/Main
Polizeigewalt
Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus
Polizei Hamburg
Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus
Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus

ARTIKEL ZUM THEMA

Polizeigewalt in Deutschland: Guter Bulle, böser Bulle?

Videos von Polizeihandlungen zeigten in den vergangenen Tagen Fälle von Polizeigewalt. Die Verantwortlichen wiegeln oft noch ab.

Polizeieinsatz in Hamburg: Im Würgegriff der Staatsgewalt

Was darf die Polizei? Videos über eine gewaltsame Auseinandersetzung zwischen acht Polizisten und einem Jugendlichen führen zu aufgeregter Debatte.

Polizeieinsätze in Frankfurt und Hamburg: Noch mehr Gewalt

Zwei Videos von brutalen Polizeiaktionen sorgen für Aufregung. Am Wochenende war ein ähnlicher Fall aus Düsseldorf bekannt geworden.

Polizeigewalt bei Demo in Ingelheim: Blut und Panik im Tunnel

Bei einer Demo in Ingelheim scheint die Polizei hundert Menschen in Lebensgefahr gebracht zu haben. Zeug:innen berichten von massiver Gewalt.