taz.de -- Neue Zugverbindungen nach Schweden: Mit dem Nachtzug nach Stockholm

Schweden fördert klimafreundliches Reisen. Ab 2022 soll es wieder Nachtzüge von Stockholm nach Hamburg geben. Und von Malmö nach Brüssel.
Bild: Demnächst auch nach Schweden? Nachtzug der ÖBB im Bahnhof Brüssel

Stockholm taz | „Alfred Nobel“ hieß der Nachtzug, der bis 1994 zwischen Hamburg und Stockholm verkehrte. Diese Verbindung wurde eingestellt. Spätestens ab 1. August 2022 soll es wieder möglich sein, [1][sich von Hamburg nach Stockholm zu schlafen]. Entsprechende Weichen stellte Schwedens rot-grüne Regierung am Donnerstag. Und sie beschloss gleich eine weitere tägliche Schlaf- und Liegewagenverbindung, die zeitgleich den Betrieb aufnehmen soll: von Malmö über Kopenhagen nach Köln und Brüssel.

Mit dem „Bahnreiseboom“ der vergangenen Jahre begründete Infrastrukturminister Thomas Eneroth die Entscheidung. Eine wachsende Zahl von Reisenden habe demonstriert, dass für sie „klimafreundliches Reisen so wichtig ist, dass sie dafür bereit sind, auch längere Reisezeiten und höhere Preise in Kauf zu nehmen“. Schweden reagiere auf diese Entwicklung „mit mehr Investitionen in das Bahnsystem als je zuvor“. Neben Plänen für ein Hochgeschwindigkeitsnetz seien internationale Nachtzugverbindungen eine Priorität.

Der „Alfred Nobel“ war eingestellt worden, weil er ein Zuschussgeschäft war. In Stockholm rechnet man damit, dass sich auch die neuen Nachtzüge in den ersten Jahren nicht rechnen werden. Um konkurrenzfähige Preise zu sichern, will die Regierung deren Betrieb deshalb subventionieren. Die staatliche Verkehrsbehörde wird beide Strecken für eine Betriebsdauer von vier bis sechs Jahren ausschreiben.

Hürde Deutschland

Den Zuschlag soll das Unternehmen erhalten, das am wenigsten Staatsgelder in Anspruch nehmen will. Neben nordischen Bahnen soll [2][die österreichische ÖBB] bereits Interesse signalisiert haben. Die juristischen Hindernisse, die es für ein solches Subventionsmodell gibt, konnte man laut Eneroth durch Verhandlungen mit Berlin und Brüssel ausräumen. Deutschland erlaube für den Personenfernverkehr keine staatlichen Subventionen. Schweden und Dänemark, die sich an den Betriebskosten beteiligen wollen, würden den Verkehr daher nur bis zur dänisch-deutschen Grenze subventionieren. Ab der deutschen Grenze sollen die Züge kommerziell betrieben werden.

Langfristig würden sich die Züge ohne Subventionen rechnen, glaubt Schwedens Finanzmarktminister Per Bolund: „Wenn das bislang nicht funktionierte, dann wegen der Konkurrenz der Billigflieger.“ Weil die Nachfrage nach Bahnreisen steige und immer mehr Länder den Flugverkehr für seine Umweltkosten zahlen lassen, werde sich das ändern.

26 Jul 2020

LINKS

[1] http://trafikverket.diva-portal.org/smash/get/diva2:1426586/FULLTEXT02.pdf
[2] /Deutsche-Bahn-gibt-Liegewagen-auf/!5329111

AUTOREN

Reinhard Wolff

TAGS

Bahn
Schienenverkehr
Nachtzüge
Schweden
Schweden
Deutsche Bahn
Bahn
Deutsche Bahn
Schwerpunkt Coronavirus
Nachtzüge
Schwerpunkt Utopie nach Corona
Greta Thunberg
Deutsche Bahn

ARTIKEL ZUM THEMA

Schwedens Versäumnisse in Coronapandemie: Zu spät, zu lasch, zu unentschieden

Ein Untersuchungsbericht kritisiert die Strategie der schwedischen Regierung in der Pandemie. Alte Menschen seien unzureichend geschützt worden.

Bahn plant europaweit: Return of the Nachtzüge

Die Deutsche Bahn und drei weitere Bahnunternehmen vereinbaren den Ausbau des Schlafwagenverkehrs. Es soll Verbindungen in 13 Metropolen geben.

Ausbau des europäischen Bahnnetzes: Die Renaissance der Nachtzüge

Die Bundesbahnen der Schweiz und Österreichs lassen alte Verbindungen wieder aufleben. Das Netz stößt schon jetzt auf Kapazitätsgrenzen.

Reservierungspflicht wegen Corona: Druck auf Deutsche Bahn wächst

Der FDP-Verkehrsexperte Jung fordert wegen der Coronakrise eine Reservierungspflicht für Fernzüge. Die Platzkarte soll kostenlos sein.

Zugfahren in der Coronakrise: Grüne pochen auf Maskenpflicht

Der Bahnexperte von den Grünen fordert den Einsatz der Bundespolizei, um Masken in Zügen durchzusetzen. Bei Verstößen soll es ein Bußgeld geben.

Neustart für den Nachtzugverkehr: Im Schlafwagen nach Stockholm

Die Pläne für eine Wiederaufnahme des Nachtzugverkehrs nach Skandinavien werden konkreter: 2022 sollen die ersten Züge rollen.

Corona für freie Himmel: Keine Flieger über Tegel

Meine Utopie: Ich will, dass es so bleibt. Und Nachtzüge durch ganz Europa fahren. Und der Staat keine Fluglinien oder Großveranstalter subventioniert.

Die Bahnfahrt der Klimaschützerin: Greta genießt's in vollen Zügen

Ein Tweet zeigt Thunberg im ICE auf dem Boden. Die Bahn entgegnet, sie sei 1. Klasse gefahren. Deutsche rasten aus. Was stimmt?

Alternative zum Fliegen: Das Comeback des Nachtzugs

Österreichs Bahnen bauen wegen der großen Nachfrage Angebote für Reisen im Schlafwagen aus. An der Deutschen Bahn geht der Trend völlig vorbei.