taz.de -- Hansestadt schreibt genderneutral: Lübecker:innen mit Doppelpunkt

Die Stadt nutzt seit dem Jahreswechsel im Schriftverkehr den „Gender:Doppelpunkt“. Der Bürgermeister setzt auf Kommunikation ohne Diskriminierung.
Bild: Passant:innen (m/w/d) vor dem Holstentor in Lübeck

Lübeck epd | Die Hansestadt Lübeck hat zum Jahreswechsel einen Leitfaden für geschlechtergerechte Sprache herausgegeben. Man wolle damit künftig alle Menschen ansprechen – Frauen und Männer und jene, die sich nicht als Mann oder Frau beschreiben, sagte Bürgermeister Jan Lindenau (SPD). Darstellungsmittel aller sozialen Geschlechter und Geschlechtsidentitäten werde der „Gender:Doppelpunkt“. Ziel sei es, den Geschlechterdualismus aufzuheben.

„Spätestens seit dem [1][Urteil des Bundesgerichtshofes], das das Recht auf Anerkennung eines dritten Geschlechts bestätigt und zu neuen gesetzlichen Änderungen führte, besteht auch für die Verwaltung der Hansestadt Lübeck Handlungsbedarf“, sagte Lindenau weiter. Als „tolerante und offene Stadt“ müsse Lübeck „diskriminierungsfrei kommunizieren“.

Wo immer es geht, sollen Geschlechtsumfassende Formulierungen verwendet werden – wie zum Beispiel „Beschäftigte“, „Studierende“ oder „Teilnehmende“. In allen anderen Fällen soll einheitlich der „Gender:Doppelpunkt“ zum Einsatz kommen – wie zum Beispiel bei „Bewohner:innen“ oder „Kolleg:innen“.

Nach Ansicht der Lübecker Gleichstellungsbeauftragten Elke Sasse ist der Doppelpunkt „gut verständlich“. Vor allem störe er nicht den Lesefluss – so wie das „Gender*Sternchen“ und der „Gender_Unterstrich“.

Die neue Regelung gilt Lindenau zufolge ab sofort für alle Beschäftigten der Hansestadt Lübeck. Betroffen ist der gesamte städtische Schriftverkehr, also Emails, Präsentationen, Broschüren, Pressemitteilungen, Drucksachen, Formulare, Flyer, Hausmitteilungen, Rechtstexte und Briefe.

1 Jan 2020

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[1] /Beschluss-des-Bundesverfassungsgerichts/!5458877

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