taz.de -- US-Sanktionen wegen Nord Stream 2: Vorgeschobene Bedenken

Die Bedenken der USA wegen der Gaspipeline Nord Stream 2 sind nicht stichhaltig. Tatsächlich will die Trump-Administration nur Fracking-Gas verkaufen.
Bild: Schweißarbeiten an der Pipeline Nord Stream 2 in der Region von Leningrad

Es gibt zahlreiche [1][sehr berechtigte Einwände gegen die bereits seit 2011 in Betrieb befindliche Ostseepipeline Nord Stream] von Russland nach Deutschland und die jetzt kurz vor ihrer Fertigstellung mit Sanktionen der US-Regierung belegte parallele Gasleitung Nord Stream 2.

Am wichtigsten sind die ökologischen, klima- und energiepolitischen Bedenken. Der Gasverbrauch in Deutschland geht wegen des Ausbaus erneuerbarer Energien bereits seit 2008 kontinuierlich zurück und müsste bis 2050 um fast 75 Prozent sinken, wenn die klimapolitischen Ziele bis dahin erreicht werden sollen, die die Bundesregierung beschlossen und im Abkommen von Paris verbindlich zugesagt hat.

Doch das sind nicht die Motive für die Sanktionen der Trump-Administration. Sie bietet den Europäern ja sogar Gas aus dem ökologisch und klimapolitisch noch viel [2][bedenklicheren Fracking-Verfahren] an, vorgeblich um sie vor einer angeblich drohenden einseitigen Abhängigkeit und Erpressbarkeit durch Russland zu schützen.

Diese Sorge ist allerdings unbegründet, wie das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung in einer Studie vom Juli 2018 festgestellt hat. Die Erdgasversorgung in Europa ist so diversifiziert, dass das bestehende Versorgungssystem ohne Nord Stream 2 krisenfest ist. Sogar ein vollständiger Wegfall russischer Erdgaslieferungen in Deutschland und in Europa könnte durch andere Bezugsquellen und mehr Effizienz kompensiert werden.

Doch selbst wenn die Gefahr einer energiepolitischen Erpressbarkeit Europas durch Moskau bestehen würde: Darüber zu befinden ist allein Sache der europäischen Staaten. Daher sind die Sanktionen der USA [3][„ein schwerer Eingriff in die inneren Angelegenheiten Deutschlands und Europas“,] wie Vizekanzler Olaf Scholz zu Recht festgestellt hat. Mit ihrem zugleich erklärten Verzicht auf Gegenmaßnahmen signalisiert die Bundesregierung der Trump-Regierung allerdings, dass sie ihre Praxis des wirtschafts- und handelspolitischen Faustrechts ungestraft fortsetzen kann.

22 Dec 2019

LINKS

[1] /Sanktionen-wegen-Nord-Stream-2/!5646487
[2] /US-Handel-mit-Erdgas/!5607696
[3] /US-Sanktionen-fuer-Nord-Stream-2/!5652032

AUTOREN

Andreas Zumach

TAGS

US-Sanktionen
Nord Stream 2
Fracking
Erdgas
Nord Stream 2
Nord Stream 2
Nord Stream 2
Nord Stream 2
Nord Stream 2
Nord Stream 2
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
North-Stream-Pipeline

ARTIKEL ZUM THEMA

Sanktionen der USA: Ostsee-Pipeline gerät in Seenot

Neue US-Sanktionen gegen die Gasleitung Nord Stream 2 verunsichern den Hafen Sassnitz und deutsche Finanziers. Die Bundesregierung will deeskalieren.

Pipeline Nord Stream 2 in der Kritik: Doch nicht so sauber

Neue Messmethoden zeigen, dass Pipelines mehr Methan ausstoßen als gedacht. Für die Deutsche Umwelthilfe ist Erdgas keine Energie der Zukunft.

Gaspipeline im Schwarzen Meer: Wunderbare Freundschaft

Mit Türk Stream bewegt sich die Türkei noch einen Schritt auf Russland zu. Europa muss aufpassen, Erdogan nicht in Putins Armen versinken zu lassen.

Streit um Nord Stream 2: Viel Druck auf der Pipeline

Die Ukraine warnt Deutschland und Frankreich vor der Abhängigkeit von Russland. Russland betont, die Pipeline werde bis Ende 2020 fertiggestellt sein.

Pipeline Nord Stream 2: Arbeiten in der Ostsee ruhen

Aufgrund der US-Sanktionen stellt die Verlegefirma Allseas die Arbeit ein. Ob Russland die Pipeline allein fertigstellen kann, ist unklar.

US-Sanktionen für Nord Stream 2: Bundesregierung äußert Bedauern

Firmen, die am Bau der Pipeline Nord Stream 2 beteiligt sind, müssen mit Sanktionen aus den USA rechnen. Donald Trump unterzeichnete ein entsprechendes Gesetz.

Sanktionen wegen Nord Stream 2: Falscher Grund, richtige Maßnahme

Die USA wollen Sanktionen wegen der geplanten Pipeline Nord Stream 2. Ihre Motive mögen zweifelhaft sein – doch muss die Pipeline gestoppt werden.

US-Handel mit Erdgas: Kauft! Unser! Gas!

Die USA schwimmen in flüssigem Erdgas. Gut und günstig soll es sein. Und es muss weg. Droht eine neue Energiekrise durch ein Zuviel an Energie?