taz.de -- Verkehr im Berliner Doppelhaushalt: Ganz große Zahlen

Um die Verkehrswende voranzutreiben, wurde im neuen Etat deutlich zugelegt. Aber um alle Wünsche zu erfüllen, reicht das noch lange nicht.
Bild: Es kann gar nicht schnell genug gehen: Demo für die Verkehrswende in Kreuzberg 2019

Rund 1,47 Milliarden Euro für das Jahr 2020 und 1,53 Milliarden Euro für das Jahr 2021 – der Aufgabenbereich „Verkehr“ des kommenden Doppel-Etats ist deutlich besser ausgestattet als im Vorgängerhaushalt. In den Jahren 2018 und 2019 standen dem Land und den Bezirken – ohne Nachträge – noch 1,34 beziehungsweise 1,40 Milliarden Euro für Schiene und Straße zur Verfügung.

Der Zuwachs beträgt damit rund 10 Prozent und liegt klar über dem Zuwachs des Gesamthaushalts. Ganz große Zahlen schreiben die HaushälterInnen bei den sogenannten Verpflichtungsermächtigungen, die es ermöglichen, Ausgaben über einen längeren Zeitraum hinweg zu verplanen: Sie betragen für beide Jahre zusammen satte 19,5 Milliarden Euro.

Das kommt nicht von ungefähr: Rot-Rot-Grün will [1][die Verkehrswende vorantreiben]. „Alle BerlinerInnen sollen sagen können: Ich brauche kein eigenes Auto mehr“, lautet bekanntlich die Devise von Senatorin Regine Günther (Grüne). Das spiegelt sich wider in dem zu Beginn dieses Jahres vorgestellten Nahverkehrsplan 2019–2023 mitsamt Bedarfsplanung bis 2035.

Für massive Investitionen in die Fuhrparks von Bus, Tram, U- und S-Bahn, aber auch eine Ausweitung von Fahrplänen und Strecken hat die Senatsverwaltung einen Finanzrahmen von rund 28 Milliarden Euro eingeplant. Im Schnitt über den gesamten Zeitraum wären das jährlich 1,76 Milliarden Euro für den ÖPNV, in den kommenden beiden Jahren sind es bereits 1,23 beziehungsweise 1,30 Milliarden.

Es muss in die Substanz investiert werden

Mehr Geld braucht es dabei nicht nur, weil das Angebot verdichtet, das [2][Schülerticket aus der Landeskasse übernommen] wird und die Busse künftig elektrisch fahren sollen (derzeit noch rund doppelt so teuer wie konventionelles Dieselverbrennen). Es muss vor allem in die Substanz investiert werden, was in den vergangenen beiden Jahrzehnten auf sträfliche Weise vernachlässigt wurde – die Engpässe im U-Bahnverkehr waren spätestens in diesem Jahr nicht mehr zu übersehen. Außerdem sollen die Wagen der S-Bahn künftig nicht mehr dem oder den privaten Betreiber(n), sondern dem Land gehören. Auch das schlägt gehörig zu Buche.

Die Mittel für den Erhalt und Ausbau der Straßen – und hier ganz besonders für mehr und [3][sicherere Radverkehrsinfrastruktur] – machen gerade einmal ein Zehntel des ÖPNV-Budgets aus. Allerdings war hier der prozentuale Zuwachs noch stärker: Im Vergleich zu 2018/19 haben die Mittel um rund 30 Prozent zugelegt.

„Wir können mit diesem Haushalt unsere Verkehrspolitik gut fortsetzen“, findet Harald Moritz, verkehrspolitischer Sprecher der Grünenfraktion. Gerade bei den Punkten Verkehrssicherheit an Kreuzungen, bei Ampelanlagen und beim Thema Barrierefreiheit habe man in den letzten Verhandlungsrunden „überall noch was draufgelegt“, außerdem Mittel für eine Machbarkeitsstudie zur teilweisen Deckelung der Stadtautobahn A 100. „Wir hätten allerdings gerne noch mehr Personal gehabt, weil der Mittelabfluss oft daran hapert“, so Moritz, „da konnten wir uns leider nicht ganz so durchsetzen.“

Sein SPD-Kollege Tino Schopf, der den Haushalt insgesamt ebenfalls lobt, hat auch einen dicken Wermutstropfen zu beklagen: Um attraktiver für neue ÖPNV-KundInnen zu werden, benötige Berlin eine „moderne und leistungsfähige Infrastruktur“, so Schopf. „Dazu zählt für meine Fraktion neben der Erweiterung des Straßenbahnnetzes auch der Aus- und Neubau des U-Bahnnetzes.“

Die U-Bahn sei dreimal leistungsfähiger als Bus und Tram, stehe nicht im Stau und fahre nahezu klimaneutral. Ja, U-Bahn-Bau koste Geld, räumt Schopf ein. „Aber wenn ich Menschen dazu bewegen möchte, ihr Auto stehen zu lassen und auf die Schiene zu setzen, ist es eine sinnvolle Investition in die Zukunft.“

11 Dec 2019

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AUTOREN

Claudius Prößer

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