taz.de -- Tracking von Buckelwalen: Theresia kommt wieder angebuckelt

Norwegische ForscherInnen haben einer Wal-Dame im Januar einen Satellitensender verpasst. Nach 299 Tagen wurde sie an der gleichen Stelle gesichtet.
Bild: Buckelwale legen die längsten Reisen zurück

„Wir wussten ja, dass sie dort irgendwo sein musste. Aber nach ihr zu suchen war doch so etwas, wie die Nadel im Heuhaufen finden zu wollen“, erzählt Audun Rikardsen, Professor am Institut für Arktis und Meeresbiologie der Universität im nordnorwegischen Tromsø. „Aber dann war Theresia plötzlich da. Das war fantastisch. So als ob man einen alten Freund wiedersieht. Und zu allem Überfluss war sie nicht allein.“

Theresia ist ein weiblicher Wal, genauer gesagt ein Megaptera novaeangliae, ein [1][Buckelwal]. Zuletzt hatten die ForscherInnen der Universität Theresia im Januar gesehen. Im Kvænangen-Fjord hatten sie ihr einen kleinen Satellitensender verpasst. Das wird im Rahmen eines Whaletrack-Projekts seit 2015 gemacht, um mehr über die Wanderungen dieser Tiere zu erfahren.

Buckelwale, die vor fünf Jahrzehnten unter Artenschutz gestellt wurden und wegen ihrer akrobatischen Sprünge bei der [2][Walbeobachtung] besonders beliebt sind, gehören zu den Säugetieren, die die längsten Reisen zurücklegen. Wie auch andere ihrer ArtgenossInnen hatte sich Theresia auf den „üblichen“ Trip gemacht. Erst in westliche Richtung in die Gewässer um Island, wo sie sich erst kräftig stärkte und dann weiter in die Karibik zog. Dort ist Walpartysaison, sagt Rikardsen. Die Tiere pflegen sich hier zu paaren, und meist gebären sie auch da. Doch in der Karibik oder im Atlantik hätte sich die Spur der meisten der rund 40 Whaletrack-Buckelwale verloren: Die Sender funktionierten nicht mehr oder seien vom Körper abgefallen.

Mit einem Walbaby unterwegs

Theresia war eine Premiere: Sie sendete weiter. So konnte man in Tromsø verfolgen, wie sie sich im Sommer wieder in Richtung Norden auf den Weg machte. Wie sie vor Island erneut eine Pause einlegte, von dort in die Barentssee schwamm und längere Zeit östlich von Spitzbergen kreuzte. Danach schlug sie wieder einen südlichen Kurs ein und verschaffte den ForscherInnen das, was Rikardsen als „Adrenalinstoß ohnegleichen“ beschreibt. In unmittelbarer Nähe des Bootes, mit dem einige ForscherInnen vor einer Woche auf dem Kvænangen-Fjord kreuzten, tauchte Theresia auf. Nach 299 Tagen an fast derselben Stelle wie im Januar.

Und Theresia war nicht allein. In der Karibik hatte sie ein Kalb geboren. Rikardsen erklärte: „Sie hat ihm jetzt wohl alles gezeigt, was es wissen muss. Den Weg aus der Karibik, den Kabeljau, den es in der Barentssee gibt, und den Hering hier in den norwegischen Fjorden.“

„Hat sie sich denn auch so gefreut wie ihr“, wollte ein Facebook-Follower vom Wissenschaftler wissen? „Also, ich nehme mal an, wir haben uns mehr gefreut“, antwortete Rikardsen. Er hofft nun, dass Theresias Geschichte weitergeht: „Wir haben zwar jetzt schon die längste durchgehende Spur, die jemals von einem Buckelwal aufgezeichnet wurde. Das hat der Wissenschaft viele neue und wichtige Daten geliefert. Zum Beispiel, wo sie durch seismische Sprengungen oder Ölförderaktivitäten besonders gefährdet sind. Aber das Ding sendet ja immer noch.“

11 Nov 2019

LINKS

[1] /Studie-ueber-Schiffsgeraeusche/!5329574
[2] /Jagd-auf-Buckelwale/!5061615

AUTOREN

Reinhard Wolff

TAGS

Wale
Naturschutz
Norwegen
Norwegen
Norwegen
Wale
Wale
Tierschutz
Walfang

ARTIKEL ZUM THEMA

Ressourcen in der Arktis: Der 100-Jährige, der die Krise hat

Spitzbergen steht unter der Souveränität Norwegens. Die kühle Küste wird immer wärmer. Und wegen der Rohstoffe wächst das Interesse an ihr.

Kunstszene in Norwegen: Trophäe, Trolle und Brühe

In Norwegen wird man zwar bereits am Flughafen in Oslo von einem Edvard Munch begrüßt. Aber es ist nicht alles Munch in Norwegen.

Weiter Jagd auf Meeressäuger: Walschutz im Schneckentempo

Schon wieder kein Schutzgebiet im Südatlantik. Trotzdem sind Tierschützer zufrieden mit dem Ergebnis der Walschutzkonferenz.

Meeressäuger können coole Sachen: Das Atmen der Wale

Wale blasen aus Atemluft Kringel, dass Kettenraucher neidisch werden und jagen Fischschwärme mit „Blasenvorhängen“.

Kanada senkt Schutz für Meeressäuger: Tanker contra Buckelwale

Die kanadische Regierung reduziert den Schutz der bedrohten Walart. Damit wird der Bau einer umstrittenen Pipeline möglich.

Tod im Dienst der Wissenschaft: Wal-Schlachten vor Gericht

Japan macht im Walschutzgebiet Südmeer Jagd auf Meeressäuger. Vor allem Australien kämpft dagegen an. Nun muss Den Haag entscheiden.