taz.de -- Digital-Gipfel in Dortmund: Weniger Geflimmer, mehr Datenschutz

Daten sind der wichtigste und kostbarste Rohstoff unserer Zeit. Das hätte ganz oben auf der Agenda des Digital-Gipfels stehen müssen.
Bild: Die Bundesregierung sollte die richtigen Prioritäten setzen: Datenschutz, Datenschutz, Datenschutz

Für das Who’s who der Digi-Branche war es der wichtigste Termin des Jahres: der Digital-Gipfel in Dortmund. Stolz präsentierten Unternehmen, Verbände und Hochschulen, was sie in Sachen künstliche Intelligenz im Angebot haben. Virtuelle Wissensforen, Vernetzungssysteme, intelligente Mobilität. Alles wahnsinnig innovativ, irre praktisch, mit viel Geflimmer und hübsch anzuschauen. Doch leider sind die digitalen Infrastrukturen hierzulande noch wenig lukrativ.

Das Bundeskabinett soll dafür sorgen, dass die tollen Innovationen aus Deutschland endlich auch weltweit durchbrechen. Denn im Wettbewerb mit der internationalen Konkurrenz aus China, den USA oder Russland stehen sie hinten an. Zu wenig Reichweite, zu wenig Geld, zu wenig Unterstützung, heißt es immerzu.

Wie jedes Jahr ist das Gejammer groß. Und wie jedes Jahr wird beteuert, dass jetzt alles anders werde und die Digitalisierung endlich auch in Deutschland und Europa so richtig durchstarte. [1][Das neue Zauberwort heißt Gaia-X,] eine Art EU-Cloud. Damit will sich die Bundesregierung von Amazon oder Google emanzipieren und den Unternehmen hierzulande und in Europa ein Gegenangebot machen, ihre Daten zu speichern, zu vernetzen, zu verbreiten. Wie das genau funktionieren soll und wer mitzaubern darf, ist zwar noch nicht klar. Aber das scheint auch nicht so wichtig.

Von mehr IT-Sicherheit, mehr Datenschutz, Wettbewerbsschranken für US-Konzerne, die das Monopol auf digitale Plattformen haben, ist kaum die Rede. Schon gar nicht von Datensparsamkeit. Dabei sollte der Auftrag an die Minister*innen eigentlich eindeutig sein. Die Folgen von Datenmissbrauch, Fake News, von der ungebremsten und ungefilterten virtuellen Verbreitung von Hassparolen haben sich in den vergangenen Wochen in ihrer vollen Hässlichkeit gezeigt. Daten sind der wichtigste, aber auch der kostbarste Rohstoff unserer Zeit. Die Gipfel-Agenda hätte eine andere sein müssen.

29 Oct 2019

LINKS

[1] /Digitalgipfel-der-Bundesregierung/!5637415

AUTOREN

Tanja Tricarico

TAGS

Digital
Datenschutz
Netzpolitik
Peter Altmaier
Schwerpunkt Überwachung
Digitalisierung
Spanien
Peter Altmaier
Biometrie
Google

ARTIKEL ZUM THEMA

Airbnb und Abhörgeräte: Überwachungstechnik für daheim

Airbnb bewirbt vergünstigte Überwachungsgeräte für seine Vermieter*innen. Das ist nicht überraschend, aber trotzdem besorgniserregend.

Digitale Attacken auf Verwaltung: Im Notfall Stecker ziehen

Seit Monaten ist das Kammergericht offline – und noch glimpflich davongekommen. Digitale Angriffe auf staatliche Infrastruktur nehmen in Berlin zu.

Bewegungsdaten von Handy-Nutzern: Datensammeltage in Spanien

Das spanische Statistikinstitut kauft Daten aller Mobiltelefone von mehreren Tagen. So will es sehen, wo sich die Bevölkerung aufhält.

Digitalgipfel der Bundesregierung: Altmaiers Gaia-Theorie

Eine europäische Datenplattform soll europäische Firmen unabhängig von den USA und China vernetzen. Wer Zugriff hat, weiß, was läuft.

Biometrie und veraltetes Recht: Mehr Macht dem Datenschutz!

Das Hamburger Urteil zur G20-Fahndung wird zu einer massiven Ausweitung biometrischer Fahndung führen, wenn der Datenschutz nicht gestärkt wird.

Datenschutz bei Google Street View: Häuserfassaden verpixeln erschwert

Bislang hat der Google-Konzern Bilder seines Dienstes Street View aus Deutschland vor Erscheinen auf Wunsch verpixelt. Das könnte sich bald ändern.