taz.de -- Nordkorea-USA-Gespräche in Stockholm: Kritischer Scheidepunkt

Die Gespräche zum Stopp des nordkoreanischen Raketenprogramms stocken. Pjönjang kann auf Zeit spielen, Trump aber braucht einen Erfolg.
Bild: Die US-Nordkorea-Beziehungen befinden sich derzeit an einem kritischen Scheidepunkt (Archivbild)

Zum ersten Mal seit dem gescheiterten Gipfeltreffen in Hanoi haben Nordkorea und die USA ihre Verhandlungen wieder aufgenommen. Die achteinhalbstündigen [1][Arbeitsgespräche in Stockholm] endeten dabei mehr als konfus: Während sich nämlich der nordkoreanische Chefunterhändler Kim Myong Gil zutiefst von den Amerikanern enttäuscht zeigte und diese für den ergebnislosen Abbruch der Verhandlungen verantwortlich machte, sprach das US-Außenministerium hingegen von „guten Diskussionen“. Widersprüchlicher könnte die Wahrnehmung der Gespräche kaum sein.

Die US-Nordkorea-Beziehungen befinden sich derzeit an einem kritischen Scheidepunkt. Seitdem die Verhandlungen zur Denuklearisierung ins Stocken geraten sind, hat Machthaber Kim Jong Un wiederholt Kurzstreckenraketen getestet. Die größte [2][Provokation] erfolgte vergangenen Mittwoch, als das Regime eine Mittelstreckenrakete von einem U-Boot aus abgefeuert hatte. Damit hat Nordkorea eine weitere unberechenbare Komponente zu seinem Waffenarsenal hinzugefügt.

Und doch sind es laut der Argumentationskette Pjöngjangs die Amerikaner, die derzeit bei den Nuklearverhandlungen unter einen ErZugzwang stehen: Schließlich hat das nordkoreanische Regime ein freiwilliges Moratorium für Tests von Interkontinental- und Nuklearraketen eingehalten, wofür es sich in Form von Sanktionslockerungen von den USA bezahlen lassen will.

Gleichzeitig hat der US-Präsident die Erwartungen der Nordkoreaner erhöht: So feuerte Trump seinen nationalen [3][Sicherheitsberater John Bolton], einen absoluten Hardliner, der unter den Parteikadern Pjöngjangs als rotes Tuch angesehen wird.

Die Atomgespräche liegen nun jedoch vorerst wieder auf Eis. Die Nordkoreaner haben nämlich – im Gegensatz zu den Amerikanern – keinerlei Interesse bekundet, die Verhandlungen in zwei Wochen fortsetzen zu wollen. Im Gegensatz zu Trump, der angesichts der bevorstehenden Wahlen einen diplomatischen „Sieg“ mehr als gebrauchen kann, hat Pjöngjang die Zeit auf seiner Seite.

6 Oct 2019

LINKS

[1] /Atomgespraeche-USA-und-Nordkorea/!5631346
[2] /Nordkoreas-Raketentests/!5611234
[3] /US-Praesident-Trump-hat-sich-entschieden/!5627507

AUTOREN

Fabian Kretschmer

TAGS

Kim Jong Un
Nordkorea
Donald Trump
Rüstung
Atomwaffen
Korea
Nordkorea
Nordkorea
USA
US-Präsident
Waffentests

ARTIKEL ZUM THEMA

Gespräche zwischen Nord- und Südkorea: Ein Minimaldialog, immerhin

Die erneute Kommunikation zwischen Nord- und Südkorea gibt den Menschen eine kleine Hoffnung. Und sie drosselt die Gefahr einer Eskalation.

Nordkorea will aufrüsten: Kim droht mit neuer Waffe

Machthaber Kim Jong Un wirft USA vor, dass die Atomverhandlungen stagnieren. Er sieht sich daher nicht mehr an sein Moratorium gebunden.

Nordkoreanische Raktentests: Erneute Provokation

Am Sonntag hat Pjönjang nach eigenen Angaben wieder einen Raketentest durchgeführt. Es ist ein klares Zeichen für einen Politikwechsel.

Atomgespräche USA und Nordkorea: Ein klares Jein

Unterschiedlicher könnte die Bilanz der Atomverhandlungen kaum sein. Washington spricht von einem guten Ergebnis, Pjöngjang von einem Scheitern.

US-Präsident Trump hat sich entschieden: Neuer Nationaler Sicherheitsberater

Der Jurist Robert O'Brien war bislang US-Sondergesandter für Geiselangelegenheiten. Nun hat ihn Präsident Donald Trump befördert.

Nordkoreas Raketentests: Neue Provokation von Kim Jong Un

Mit dem Waffentest fordert Kim Jong Un erneut Südkorea und die Verhandlungspartner im Atomkonflikt heraus. Das hat auch Trump zu verantworten.