taz.de -- Klimaschutzprogramm der Bundesregierung: Klima-Finanzierung steht

Das Kabinett hat ein 23-seitiges Klimaschutzprogramm beschlossen. Bis daraus konkrete Gesetze werden, ist es noch ein weiter Weg.
Bild: Auch für die Gebäudedämmung sollen die Einnahmen aus dem CO2-Handel eingesetzt werden

Berlin taz | Bisher sind es nur 23 Seiten, die die das Bundeskabinett als Eckpunkte zum [1][„Klimaschutzprogramm 2030“] beschlossen hat. Bis daraus konkrete Gesetze werden, ist es noch ein weiter Weg, bei dem sich viele Beteiligte einigen müssen. Schon in der Bundesregierung gibt es bisher keine Einigung über das weitere Vorgehen. Das ausführliche Maßnahmenprogramm, in dem die geplanten Vorhaben detailliert aufgeführt werden, wird an diesem Mittwoch wohl noch nicht vom Kabinett verabschiedet. Obwohl im jüngsten Entwurf bereits alle Zahlen zur CO2-Minderungswirkung aus dem Papier [2][gestrichen] worden waren, gibt es nach Informationen aus Regierungskreisen noch erhebliche Differenzen.

Einigkeit besteht hingegen inzwischen über die finanziellen Auswirkungen des Pakets. Laut einer Kabinettsvorlage, die am Mittwoch beschlossen werden soll und die der taz vorliegt, sind von 2020 bis 2023 Gesamtausgaben von 54,4 Milliarden Euro vorgesehen. Finanziert werden sollen sie ohne neue Schulden vor allem aus den Einnahmen des Emissionshandels: 12 Milliarden Euro soll der bestehende Emissionshandel für Industrie und Energiewirtschaft einbringen, weitere 18,8 Milliarden Euro der neu einzuführende CO2-Preis im Bereich Verkehr und Wärme. 10 Milliarden sollen aus der Rücklage des Energie- und Klimafonds entnommen werden, etwa 15 Milliarden aus dem allgemeinen Haushalt.

Anders als in den im Vorfeld erstellten Gutachten angenommen, wird aber nur ein kleiner Teil der Einnahmen aus dem neuen CO2-Preis gleichmäßig rückerstattet: Über die Senkung der EEG-Umlage beim Strompreis fließen bis 2023 lediglich rund 5 Milliarden Euro an Haushalte, Gewerbe und Industrie zurück. Der Rest des Geldes wird für die Entlastung einzelner Gruppen wie Fernpendler oder Wohngeldbezieher sowie für die Förderung von Gebäudesanierung und Elektromobilität verwendet.

Rechtliche Hürden bei der Umsetzung

Schon bis zum Jahresende will die Regierung die einzelnen Vorhaben nun in Gesetzentwürfe gießen. Doch damit ist es nicht getan. Fest steht schon jetzt, dass viele Vorhaben von der EU-Kommission gebilligt werden müssen, weil sie als Beihilfe gelten. Zudem muss bei vielen Gesetzen, die auch Finanzen der Länder betreffen, der Bundesrat zustimmen – etwa bei der geplanten Erhöhung der Pendlerpauschale, der steuerlichen Förderung der Gebäudesanierung oder dem Ausbau der Lade-Infrastruktur. Ob auch die Einführung des CO2-Emissionshandels im Verkehrs- und Gebäudesektor zustimmungspflichtig ist, hängt davon ab, wie diese gesetzlich genau umgesetzt wird.

Zu lösen sind dabei auch noch rechtliche Hürden. So könnte ein Emissionshandel mit Festpreis als steuerähnliche Sonderabgabe auf CO2 vor dem Bundesverfassungsgericht landen, warnte am Dienstag die Fachanwältin Ines Zenke. Auch die geplante Ausrichtung der Lkw-Maut am CO2-Ausstoß könne juristisch schwierig werden, wenn bereits auf den Kraftstoff eine CO2-Abgabe erhoben wird.

1 Oct 2019

LINKS

[1] https://www.bundesregierung.de/resource/blob/975226/1673502/855f58eed07bcbbd697820b4644e83a7/2019-09-20-klimaschutzprogramm-data.pdf?download=1
[2] /Klimaschutzprogramm-der-Groko/!5627016

AUTOREN

Malte Kreutzfeldt

TAGS

Schwerpunkt Fridays For Future
Schwerpunkt Klimawandel
Bundesregierung
Emissionshandel
EEG-Umlage
Schwerpunkt Klimawandel
Strom
Rolf Mützenich
Schwerpunkt Klimawandel
Schwerpunkt Fridays For Future
Schwerpunkt Fridays For Future
Klima
CO2-Emissionen

ARTIKEL ZUM THEMA

Deutscher Emissionshandel startet 2021: Heizen und tanken werden teurer

Privatleute und Firmen zahlen 2021 insgesamt rund 6 Milliarden Euro mehr für Benzin, Gas und Heizöl. Gerecht verteilt werden die Kosten nicht.

EEG-Umlage steigt leicht an: Strom wird wieder teurer

Die Ökostrom-Umlage steigt im nächsten Jahr an, auch die Netzentgelte nehmen wohl zu. Langfristig sollen die Preise aber sinken.

Klimavorwürfe zwischen den Parteien: Das interessiert nur euch selbst

Parteipolitik produziert so viel CO2-Ausstoß in ihren Sprechblasen, dass auch hier eine CO2-Bepreisung lohnen würde. Das treibt Leute zu Fridays for Future.

Klimawandel umgekehrt: Wärme ist ein Lockvogel

Wenn die Temperaturen nicht steigen, sondern sinken würden, wäre längst viel mehr passiert, um den Prozess zu stoppen. Besonders im Norden.

Grüne und das Klimapaket: In der Zwickmühle

Mitmachen oder blockieren? Die Klimapläne der Groko setzen die Grünen unter Druck. Sie suchen nach einer Strategie für den Bundesrat.

Klimaschutzprogramm der Groko: Wirkung unbekannt

Die Langfassung des Klimaschutzprogramms der Bundesregierung enthält keine Zahlen darüber, was die einzelnen Maßnahmen bringen sollen.

Debatte um Merkels Klimapaket: Fortschritt oder viel zu wenig

Die Regierung verteidigt ihr Klimaschutzprogramm. Aber fast allen anderen reicht der vorgelegte Maßnahmenkatalog nicht.

Ergebnisse aus dem Klimakabinett: Zwei Welten im Regierungsviertel

Draußen fordern Hunderttausende ambitionierten Klimaschutz. Drinnen stellt die Regierung ihre Ideen dazu vor. Die Diskrepanz könnte nicht größer sein.