taz.de -- Fußball und Menschenrechte: Final Four im Folterstaat
Der spanische Superpokal soll in Saudi-Arabien ausgespielt werden. Der Protest dagegen wird lauter und auch die Regierung äußert sich.
Was hat Sport mit Menschen- und Bürgerrechten zu tun? Diese Frage beschäftigt Spanien, seit der Königliche Spanische Fußballverband (RFEF) angekündigt hat, die Supercopa – Superpokal – in Saudi-Arabien austragen zu wollen. Dies ruft Proteste hervor.
So beschwert sich Amnesty International über die „Verstöße gegen die Menschenrechte, wie die weitverbreitete Anwendung der Todesstrafe, Folter und Misshandlung gegen Inhaftierte“ im arabischen Königreich. Die Menschenrechtsorganisation schrieb einen Brief an den Verbandschef Luis Rubiales mit der Bitte, die „Menschenrechtsverletzungen zur Kenntnis zu nehmen“.
Doch dieser hält an der Idee fest, die Supercopa im Ausland auszutragen. Dadurch soll die „beste Liga weltweit“, wie der spanische Verband wirbt, mehr mediale Aufmerksamkeit erhalten und vor allem mehr Geld erwirtschaften. Saudi-Arabien wolle – so die spanische Sportpresse – 180 Millionen an den Verband zahlen. Neben Saudi-Arabien hatten sich auch Katar, Indien, China sowie die Vereinigten Staaten um die Austragung beworben.
Doch niemand zweifelt daran, dass Saudi-Arabien der Favorit ist. Denn ebenfalls im Januar wird eine Wanderausstellung in Riad Trophäen von Real Madrid zeigen. „Reiner Zufall“ sei dies, so die Erklärung des Vereinsvorstands, die keiner glauben will. Bereits im vergangenen Jahr wurde die Supercopa in Marokko ausgetragen. Damals als Spiel zwischen dem Pokalsieger und dem Meister.
Geld oder Werte
Dies wird sich dieses Jahr ändern. Erstmals geht es nicht um ein Spiel zwischen Pokalsieger und Meister, sondern es wird nach einer neuen Formel gekickt. Insgesamt streiten vier Vereine in einem „Final Four“ im kommenden Januar um diesen ersten Titel der Saison. Es werden neben dem Meister auch der Ligazweite sowie die beiden Mannschaften des Pokalendspiels teilnehmen: Das sind Meister FC Barcelona und Atlético de Madrid. Da der FC Valencia den Pokal gegen Barcelona gewann, darf [1][Real Madrid] als bester Pokalendteilnehmer aller Zeiten für den Pokalzweiten einspringen.
Während sich die Vereine zur Frage des Austragungsortes ausschweigen, melden sich Stimmen aus Sport und Politik zu Wort. „In einem Land wie Saudi-Arabien zu spielen, belohnt den Aggressor“, erklärt Verónica Boquete, ehemalige Kapitänin der Frauen-Nationalmannschaft, mit Blick auf die mangelnde Gleichberechtigung der Frauen sowie die Verfolgung von Homosexuellen im saudischen Königreich.
„Als Gewerkschaft in einem demokratischen Land ist die Gleichstellung für uns entscheidend, und wir müssen sie hier ebenso verteidigen wie bei internationalen Veranstaltungen“, heißt es in einer Erklärung der Spielergewerkschaft (AFE). Der Sport verkörpere „eine Menge von menschlichen Werten“, die es immer zu verteidigen gelte. Der Mittelstreckenläufer und dreifache Europameister Roberto Sotomayor spricht von „einer Schande“.
Auch die Regierung hat sich mittlerweile in die Diskussion eingemischt. „Wir verteidigen die Gleichstellung von Frauen und Männern und die Gleichstellung der Geschlechter, das ist unser Programm“, erklärt Isabel Celaá, Bildungsministerin und Regierungssprecherin. „Es gibt soziale Probleme, die weltweit und global gelöst werden müssen. Das ist eines davon“, fügt sie hinzu.
Die spanische Regierung, die allerdings auch eingestehen muss, nichts gegen eine Austragung des Superpokals in Saudi-Arabien unternehmen zu können, schließt sich der Linie von Uefa-Präsident Aleksander Čeferin an. Dieser fordert die europäischen Vereine dazu auf, keine Spiele in [2][Ländern auszutragen, in denen Frauen der Zugang zu den Stadien verweigert wird]. Saudi-Arabien gehört dazu.
15 Oct 2019
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