taz.de -- Fußball-Bundesliga der Frauen: Endlich mehr Präsenz

Die Fußball-Bundesliga der Frauen beginnt. Mehr denn je steht die Frage im Raum, wie die Klubs den Anschluss an die Spitze Europas halten können.
Bild: Freut sich auf die neue Saison: Almuth Schult in Aktion

Frankfurt/Main taz | Hände schütteln fällt Almuth Schult gerade schwer. Und den rechten Arm zu heben, geht gar nicht. Die deutsche Nationaltorhüterin hat ihren Einsatz [1][bei der Frauen-WM in Frankreich] mit einer komplizierten Schulteroperation bezahlt. Der kritische Geist unter der Latte musste nach dem Turnier unters Messer, ins Trainingslager nach Österreich reiste die Torfrau des VfL Wolfsburg ohne Fußball- und Handschuhe. Gleichwohl blickt die 28-Jährige mit Vorfreude auf die kommende Spielzeit, in der Schult mit dem Dreifachtriumph für den Doublegewinner liebäugelt: „Wir wollen am besten alle drei Titel gewinnen, gerne mal wieder die Champions League.“

National haben die Niedersachsen außer dem Vizemeister FC Bayern kaum noch Rivalen und können daher auch verschmerzen, beim Eröffnungsspiel den Altmeistern den Vortritt zu lassen. Die 30. Saison der Frauen-Bundesliga startet mit dem Klassiker der ehemals verfeindeten Rivalen 1. FFC Frankfurt und Turbine Potsdam (Freitag 18.30 Uhr, Eurosport). Bis zu 3.000 Zuschauer und reichlich Prominenz – [2][Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg] und der DFB-Integrationsbeauftragte Cacau – werden im Stadion am Brentanobad erwartet.

FFC-Manager Siegfried Dietrich findet es prima, dass die Frauen am selben Tag nur zwei Stunden vor den Männern starten. Motto: „Ladies first“. Aber weder der Rekordchampion Frankfurt noch der sechsfache Meister Potsdam sind mit ihren reinen Frauenfußballvereinen ein Erfolgsmodell für die Zukunft. Knapp 1,5 Millionen Euro Jahresbudget reichen nicht mehr, um ganz vorn zu landen. Sie befinden sich mit der SGS Essen, SC Freiburg oder TSG Hoffenheim im Verfolgerfeld.

„Wir wollen aus der Senke herauskommen, was die Nationalmannschaften und die Bundesliga angeht“, sagt Dietrich, der beim DFB-Bundestag zum Vorsitzenden eines neuen Ausschusses Frauen-Bundesligen ernannt wird. Der PR-Profi sieht keinen Grund zur Panikmache und verweist auf den „ordentlichen sechsstelligen Betrag“ – die Rede ist von rund 250.000 Euro – [3][die der DFB] jeweils seinen zwölf Frauen-Bundesligisten über die zentrale Vermarktung garantiert: Das sei „europaweit als Benchmark“ zu begreifen.

Doch Dietrich wirbt nicht umsonst für „Fußball unter einem Dach“: Ohne die Unterstützung der Männer-Lizenzvereine geht im Frauenfußball nicht mehr viel. Der 62-Jährige führt sein Lebenswerk zur Saison 2020/21 in die Eintracht Frankfurt Fußball AG über, wo er zum Generalbevollmächtigten Frauenfußball ernannt wird. Er glaubt, „dass in zehn Jahren alle Männer-Bundesligisten auch Frauenfußball betreiben“.

Zweikampf zwischen VfL Wolfsburg und FC Bayern

Bisher verweigern sich starke Marken wie Borussia Dortmund oder Schalke 04 diesem Ziel. DFB-Direktorin Heike Ullrich hält nichts davon, eine Verpflichtung vorzugeben: „Es macht nur Sinn, wenn eine strategische Ausrichtung dahintersteht und richtig gelebt wird.“ Bloß als ungeliebtes Anhängsel mitzulaufen, wie es den sang- und klanglos abgestiegenen Fußballerinnen von Borussia Mönchengladbach in der Vorsaison passierte, bringt niemanden weiter.

Bei der Meisterfrage läuft alles auf den Zweikampf zwischen dem VfL Wolfsburg und FC Bayern hinaus. Aber können die beiden Champions-League-Teilnehmer auch international mithalten? Die Konkurrenz wird größer: Der FC Arsenal und Chelsea, Manchester City und Manchester United, FC Barcelona und Real Madrid, sogar Juventus Turin haben erkannt, dass gar nicht so viel Investment erforderlich ist, um im weiblichen Segment eine gute Rolle zu spielen. Im Ausland spielen Vereine, Verbände und Sponsoren teilweise so finanzkräftige Doppelpässe, dass Deutschland den Anschluss zu verlieren droht.

„Es ist schon schade, dass einige Top-Spielerinnen wie Sara Däbritz (Paris St. Germain; Anm. d. Red.) die Bundesliga verlassen haben. England hat uns wohl schon überholt und ist uns einen Tick voraus“, gesteht Bayern-Trainer Jens Scheuer. Aus München wechselten Leonie Maier, Manuela Zinsberger und Jill Roord zu den Arsenal Ladies. Doch die Bayern wollen die nächsten Jahre zum Gegenangriff blasen und haben dafür die Rückendeckung des Vorstandsvorsitzenden Karl-Heinz Rummenigge bekommen.

Managerin Karin Danner sagt: „Seit drei Jahren verändert sich die Frauenfußball-Landschaft sehr stark, in Deutschland ist die Zeit ein bisschen dahingeplätschert, und so wie es bisher läuft, werden wir in den nächsten Jahren nicht weiterkommen. Deswegen haben wir als Verein einen Vierjahresplan erarbeitet, um für die Herausforderungen gerüstet zu sein.“ Die Wachablösung des VfL Wolfsburg und der Gewinn der Champions League stehen am Ende dieses Projekts.

Ausschnitte in der „Sportschau“

Dringende Aufgabe wird vorerst sein, Spielerinnen zu halten. Die neue TV-Präsenz – Eurosport überträgt jeden Freitag eine Partie live, die ARD-„Sportschau“ zeigt am Samstag Ausschnitte von ein paar Spielen – soll den Bedeutungsverlust bekämpfen. Almuth Schult lobt diesen „Schritt in die richtige Richtung“ und will noch nicht wahrhaben, dass die Liga ausblutet. „Mal abwarten, wie es der einen oder anderen im Ausland gefällt. Vielleicht ist dort nicht alles so toll.“

Die meinungsstarke Torfrau wäre schon froh, wenn sie noch in diesem Jahr in der Liga zum Einsatz käme. Als Ersatz hat Wolfsburg die schwedische Nationaltorhüterin Hedvig Lindahl verpflichtet, die mit 36 Jahren als eine der wenigen prägenden WM-Gesichter in die Bundesliga gekommen ist.

16 Aug 2019

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AUTOREN

Frank Hellmann

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