taz.de -- Wiederverwertung von Lebensmitteln: Essen wegwerfen? Gehört verboten!
Ein Bündnis aus 34 Organisationen will ein verbindliches Wegwerfverbot für Lebensmittel. Auch die Regeln für Haltbarkeitsdaten will es ändern.
Das „Bündnis Lebensmittelrettung“ fordert ein Wegwerfverbot von Lebensmitteln. Das hat der Zusammenschluss aus den Unternehmen TooGoodToGo und SirPlus sowie den Initiativen Restlos Glücklich und foodsharing in einem offenen Brief formuliert, den 34 Organisationen mit unterschrieben haben. Ein Wegwerfverbot sei in anderen europäischen Ländern bereits erfolgreich, heißt es in dem Schreiben.
In Frankreichs großen Supermärkten zum Beispiel ist es seit 2017 untersagt, [1][Lebensmittel wegzuwerfen]. In Zusammenarbeit mit karitativen Einrichtungen müssen alle Lebensmittel weiterverwertet werden. Die Bundesregierung will die Lebensmittelverschwendung in Deutschland bis 2030 zwar auch um die Hälfte reduzieren, setzt dabei aber auf Freiwilligkeit und [2][verzichtet bislang auf ein Gesetz].
Grünen-Politikerin Renate Künast hingegen begrüßt den Vorstoß, ein Wegwerfverbot auch in Deutschland einzuführen. „Große Supermärkte sollen noch genießbare Lebensmittel kostenlos zur Verfügung stellen. Gesetzlich verbindlich, so wie in anderen europäischen Ländern.“
Eine Pressesprecherin der Rewe Group beschreibt das Weitergeben an karitative Einrichtungen in Deutschland hingegen schon jetzt als gängige Praxis und bezeichnet Frankreich als „Nachzügler“ in der Lebensmittelrettung. „Schon heute wird in Deutschland ein Vielfaches der Mengen, die in Frankreich nach der neuen Gesetzeslage von Märkten gespendet werden, an Einrichtungen abgegeben. Frankreich ist also im Vergleich in der nachhaltigen Praxis um viele Jahre zurück“, so die Sprecherin.
Reglementierung des Mindesthaltbarkeitsdatums
Neben dem Wegwerfverbot fordert das Bündnis Lebensmittelrettung auch eine gesetzliche Reglementierung des Mindesthaltbarkeitsdatums. Häufig seien Lebensmittel auch nach Ablauf des Datums noch genießbar. Laut Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit legen Produzent*innen das Mindesthaltbarkeitsdatum „selbst nach bestem Wissen und Gewissen“ fest. Allerdings scheut die Politik davor zurück, den Unternehmen Vorgaben zu machen. Der Verband der Lebensmittelwirtschaft BLL erklärte, man lehne staatliche Vorgaben ab.
Raphael Fellmer, Gründer des Lebensmittel-Start-ups SirPlus, kritisiert die fehlende Wertschätzung für Lebensmittel seit der Einführung des Mindesthaltbarkeitsdatums. „Wir leben in einer Supermarkt-Generation“, so der Unternehmer.
SirPlus verkauft gerettete Lebensmittel, die zwar abgelaufen, aber noch genießbar sind, in eigenen „Rettermärkten“. Derzeit zwar nur in Berlin, das Unternehmen möchte jedoch per Crowdfunding ein Franchise-System in ganz Deutschland aufbauen. Potenzielle Partner*innen gibt es bereits in Hamburg, München, Düsseldorf sowie in knapp dreißig weiteren deutschen Städten.
5 Aug 2019
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