taz.de -- Kommentar Kohleausstieg 2030: Markus Söder, weiter so!

Bayerns Ministerpräsident Söder will den Kohleausstieg auf 2030 vorziehen. Auch wenn einem so viel Öko langsam unheimlich anmutet: richtig so!
Bild: Ein früher Kohleausstieg ist eine gute Idee, wenn man nicht aussterben will

Ja, auch ein Markus Söder genießt das Recht auf Läuterung. Beim Artenschutz – [1][„Rettet die Bienen!“] – hat er voller Ehrgeiz dazu angesetzt, altgediente Umweltaktivisten zu überholen. Jetzt verlangt er, den Kohleausstieg im Bund vom Jahr 2038 auf 2030 vorzuziehen, um so den Klimazielen näher zu kommen. Auch wenn einem bei dem einstigen Rechtsausleger und Lieblingsfeindbild aller Linken so viel Öko langsam unheimlich anmutet: Gut so!

Man muss wissen, dass Söder nichts, gar nichts ohne Taktik macht, die er für Strategie hält. Seine Gedanken verlaufen in diesem Fall etwa so: In Bayern, wo er Wahlen gewinnen muss, kommt die Forderung gut an. Und sie tut auch nicht weh, denn im Freistaat gibt es gar keinen Kohleabbau und somit keine davon abhängigen Arbeitsplätze.

Für [2][die siechende Große Koalition] in Berlin wäre eine Vorverlegung des Kohleausstiegs endlich einmal ein ambitioniertes Projekt, mit dem sie punkten könnte, was sie so dringend nötig hätte. Ausgerechnet Söder, dem man als CSU-Chef bisher bundespolitisches Desinteresse und Unfähigkeit vorgeworfen hat, will da etwas aufmischen. Sagt das mehr über ihn oder über den Zustand der Berliner Koalition aus?

Doch gilt für den breitbeinigen Franken nun: Weiter so und nicht auf halber Strecke schlapp machen. In Bayern könnte Söder etwa die von der CSU eingeführte unsinnige Abstandsregel für Windkraft abschaffen. Diese macht neue Anlagen de facto unmöglich, schützt aber zum Beispiel den Villenblick auf den prächtigen Starnberger See.

Um das Klima zu retten, sollte sich Söder auch die CSU-Statthalter in Berlin vornehmen – den Landesgruppenvorsteher Dobrindt und Verkehrsminister Scheuer. Beide stehen, obwohl noch keine 50 Jahre alt, für die ganz alte CSU. Bei Pkw und Verkehr könnten und müssten sie einiges machen und sich nicht vorrangig als Interessenvertreter der Automobilindustrie gerieren. Daran aber hat Söder kein solch brennendes Interesse, seine Mahnungen aus München dürften nur in homöopathischen Dosen erfolgen. Denn in Bayern sitzen – richtig – Audi und BMW.

23 Jun 2019

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Patrick Guyton

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