taz.de -- Wladimir Putin trifft Kim Jong Un: „Bedeutsame Gespräche“

Schon vor einem Jahr hatte der russische Präsident Nordkoreas Machthaber eingeladen. Nun traf Wladimir Putin erstmals auf Kim Jong Un.
Bild: Darauf ein Gläschen: Kim Jong Un und Wladimir Putin

Seoul taz | Russlands Staatspräsident ist weltweit für seine chronische Unpünktlichkeit berüchtigt: Mehrmals ließ Wladimir Putin Bundeskanzlerin Angela Merkel bereits im Regen warten, selbst den Papst versetzte er um 77 Minuten. [1][Beim ersten Gipfeltreffen mit Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un] jedoch tauchte er zu aller Überraschung bereits eine Stunde früher als geplant auf. Vielleicht rührt die Vorfreude auch daher, dass der Kreml-Chef über ein Jahr lang warten musste, bis es nach seiner Einladung an Kim wirklich zu einem Treffen kam.

Nach dem dreieinhalbstündigen Treffen führte Kim Jong Un beim gemeinsamen Bankett an, „bedeutsame Gespräche“ mit Putin geführt zu haben. Dieser stimmte ein, dass der Nuklearkonflikt „nur diplomatisch und friedlich gelöst“ werden könne. In einer anschließenden Pressekonferenz wurde er ein wenig konkreter: Schritt für Schritt müsse man das Vertrauen zu Nordkorea aufbauen, damit das Regime im Gegenzug für Sicherheitsgarantien sein Nuklearprogramm aufgebe.

Dies lässt sich als Russlands Fingerzeig an die USA deuten, ihre strikte Position bei den festgefahrenen Denuklearisierungsverhandlungen zu lockern: Die USA streben nämlich keinen schrittweisen Prozess an, sondern [2][verlangen von Nordkorea de facto eine vollständige Abrüstung], ehe es Konzessionen in Form von Sanktionslockerungen gibt.

Was hinter den Kulissen besprochen wurde, liegt nahe. Pjöngjang verfolgt bei dem Gipfel nämlich vorrangig drei Interessen: Russland kann als Veto-Mitglied des UN-Sicherheitsrats Einfluss ausüben, dass die [3][massiven Wirtschaftssanktionen gegen Nordkorea] gelockert werden. Zudem möchte Kim die USA nach dem gescheiterten Hanoi-Gipfel unter Druck setzen, nach diplomatischen Alternativen Ausschau zu halten.

Russland will seltene Erden Nordkoreas

Nicht zuletzt verfügen beide Länder über wirtschaftliches Potenzial: Sie teilen eine kleine, aber bedeutsame Landesgrenze, entlang derer das Eisenbahnnetz sowie Öl-Pipelines ausgebaut werden können. Russland dürfte auf die seltenen Erden in Nordkorea schielen, deren geschätzter Wert sich auf mehrere Billionen beläuft.

Historisch unterhielten beide Länder schon einmal florierende Wirtschaftsbeziehungen. Die Sowjetunion war Nordkoreas wichtigster Öl-Lieferant und Handelspartner. Die Erosion des Ostblocks schließlich führte mit zu den großen Hungersnöten, in deren Folge nicht nur das staatliche Versorgungssystem kollabierte, sondern auch mehrere hunderttausend Nordkoreaner starben.

Unter Kim Jong Uns Ägide hat sich zwar die Wirtschaft längst gebessert, doch die jüngsten Sanktionen haben aufgezeigt, wie fragil die ökonomische Situation des Landes ist.

Ex-Botschafter Volker Stanzel ist pessimistisch

„Wahrscheinlich ist Kims Ziel schon, allmählich Wirtschaftsreformen durchzuführen – aber nur solange seine eigene Stellung und die der Staatspartei nicht gefährdet sind“, sagt Volker Stanzel, ehemaliger Botschafter in Peking und Tokio. Er beobachtet den nordkoreanischen Atomkonflikt bereits seit 1993, als Pjöngjang erstmals drohte, aus dem Atomwaffensperrvertrag auszutreten.

„Ich bin ganz und gar pessimistisch. Die Partnerländer um Nordkorea herum haben alle diplomatischen Möglichkeiten versucht“, sagt Stanzel. Aus Sicht Nordkoreas sei durchaus verständlich, dass es ein starkes Interesse daran habe, den Regime-Erhalt durch sein Atomprogramm sicherzustellen: „Das ist die einzige Verteidigungsmöglichkeit, gegen die es keine Gegenwehr geben kann.“

Südkorea hingegen hält eisern am Annäherungskurs fest: „Jetzt ist es wichtiger denn je, sich für einen vierten innerkoreanischen Gipfel vorzubereiten“, sagte No Young Min, Stabschef von Präsident Moon, am Donnerstag. Dabei hat Nordkorea bislang noch nicht bestätigt, dass es derzeit überhaupt Interesse an einem weiteren Treffen hat.

25 Apr 2019

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AUTOREN

Fabian Kretschmer

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