taz.de -- Wahlkampfende in Bangladesch: Langsames Netz = saubere Wahlen?

In Bangladesch werfen sich Regierung und Opposition gewaltsame Angriffe vor. Um Fake News zu stoppen, werden Internet und Mobilfunk gedrosselt.
Bild: Wahlkampf von Anhängern der regierenden Awami-Liga am Donnerstag in Dhaka

DHAKA taz | Zwei Tage vor den Parlamentswahlen bereitet sich Bangladesch auf ein ereignisreiches Wochenende vor. Am Freitagmorgen endete in dem 160-Millionen-Einwohner Land offiziell der Wahlkampf. Bereits seit dem Vortag patrouilliert unter anderem in der Hauptstadt Dhaka das Militär.

Wahlen führen in Bangladesch regelmäßig zu Gewaltkrisen. Schon seit Tagen sind die lokalen Zeitungen voller [1][Berichte und Fotos von Angriffen auf Wahlkämpfer, Kandidaten, deren Büros und Fahrzeuge].

Die Wahlen von 2014 forderten Dutzende Todesopfer und galten als weder frei noch fair. Die Oppositionspartei BNP (Bangladesh Nationalist Party) boykottierte damals die Wahlen, weil es währenddessen keine – wie eigentlich in der Verfassung vorgesehene – Treuhänderregierung gab, die den Wahlprozess hätte neutral organisieren sollen.

Der Vorsitzende der Wahlkommission Nurul Huda rief am Freitag alle Parteien auf, von Gewalt abzusehen. Die Awami League der seit 2009 amtierenden Premierministerin Sheik Hasina sagt, sechs ihrer Mitglieder seien im Wahlkampf von der Opposition ermordet wurden.

Gegen „Propaganda und Fehlinformationen“ im Internet

„Die BNP attackierte 445 unserer Männer und demolierte 174 Wahlkampfstationen“, sagte Jahangir Kabir Nanak, einer der Partei-Generalsekretäre bei einer Pressekonferenz in Dhaka.

Die BNP hingegen behauptet, acht ihrer Aktivisten seien getötet und mehr als 12.000 bei Angriffen verletzt worden.

Am Donnerstagabend ließen die Behörden die Geschwindigkeit des mobilen Internets drosseln, offiziell, um „um die Verbreitung von Propaganda und Fehlinformationen über das Internet zu verhindern“, wie ein Sprecher erklärte.

Das war auch schon während der Studentenproteste im Sommer gemacht worden, als zehntausende junge Bangladescher zuerst für eine Reform des Quotensystems zur Vergabe von Regierungsjobs und dann für mehr Verkehrssicherheit auf die Straße gingen.

Beobachter erwarten auch für den Wahltag Einschränkungen verschiedener Kommunikationskanäle.

Nur wenig internationale Wahlbeobachter

UNO-Generalsekretär Antonio Guterres forderte am Donnerstag „vor, während und nach den Wahlen eine Umgebung frei von Gewalt, Einschüchterung und Zwang“. Die Rolle von Wahlbeobachtern müsse respektiert werden.

Laut Bangladeschs Außenministerium gibt es 175 akkreditierte internationale Wahlbeobachter. Das US-Außenministerium zeigte sich jedoch „enttäuscht“ darüber, dass die Wahlbeobachter des von den USA finanzierten Asian Network for Free Elections (ANFREL) nicht rechtzeitig registriert wurden.

Viele Bangladescher nutzen das lange Wahlwochenende für einen Ausflug nach Hause auf das Land, um dort wie sie hoffen ungehindert ihre Stimmen abzugeben.

Für viele Wähler ist die Wahl allerdings von vornherein eine Farce. „Es ist ja eh klar, dass die Regierung die Wahl gewinnt“, sagt Mohammed Sohail Zamil Sankan, Anwalt aus Dhaka. Er wird deshalb nicht wählen gehen. „Wieso auch? Selbst wenn die Wahlen frei und fair sind und die BNP gewinnt, würde sich in Bangladesch auch nichts ändern .„

28 Dec 2018

LINKS

[1] /Verhaftungen-vor-Wahl-in-Bangladesch/!5557616

AUTOREN

Verena Hölzl

TAGS

Bangladesch
Parlamentswahl
Wahlkampf
Bangladesch
Bangladesch
Bangladesch
Bangladesch
Rana Plaza
Bangladesch

ARTIKEL ZUM THEMA

Verdächtig hoher Sieg in Bangladesch: Fast alle Sitze – „wieso nicht?“

Bangladeschs regierende Awami-Liga gewinnt die Parlamentswahl. Allerdings viel zu haushoch für ein politisch dermaßen gespaltenes Land.

Bangladesch wählt neues Parlament: Regierungsallianz gewinnt Wahl

Die Wahlkommission ruft das Bündnis um Regierungschefin Hasina zum Sieger aus. Doch Oppositionsführer Hossain will nicht klein beigeben.

Vor der Wahl in Bangladesch: Wo Wahl Kampf bedeutet

Wer wie Student Arman den Regierenden widerspricht, läuft Gefahr, Prügel zu beziehen. In Bangladesch kämpft die Awami League um die Macht.

Verhaftungen vor Wahl in Bangladesch: 2.000 Oppositionelle festgenommen

In Bangladesch fordert ein breites Oppositionsbündnis die autoritäre Regierung heraus. Diese reagierte in den vergangenen Wochen mit Festnahmen.

Fabrikeinsturz in Bangladesch 2013: Keine Einigung zu Rana Plaza

Ein Beschwerdeverfahren gegen den TÜV Rheinland wegen eines mangelhaften Prüfberichts zur eingestürzter Textilfabrik bleibt ohne Ergebnis.

Fotograf in Bangladesch festgenommen: Nach kritischem Interview entführt

Der preisgekrönte Fotograf Shahidul Alam stellte sich auf die Seite der protestierenden Schüler in Bangladesch. Kurz darauf kam er in Haft.