taz.de -- Kommentar Bahnpolitik: In der Mitte der Leidenszeit
Die Bahn ist alles andere als effizient und transparent. Verkehrsminister Scheuer muss eine Reform in Gang setzen, statt an Symptomen zu doktern.
Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer mimt den Pünktlichkeitswächter der Republik. Die Bahn müsse schnell besser werden, lautet sein Credo. Das ist aus mehreren Gründen verlogen. Die [1][Versäumnisse], die jetzt zu oft chaotischen Zuständen im Schienenverkehr führen, hat vor allem die Politik zu verantworten. Noch dazu stellt die CSU seit beinahe zehn Jahren den dafür zuständigen Verkehrsminister.
Bis vor wenigen Jahren gab der für das Netz verantwortliche Bund viel zu wenig für die Instandhaltung der Trassen und Brücken aus. Unter Bundeskanzler Gerhard Schröder hieß die Devise, die Bahn solle mal kräftig Gewinn machen und an die Börse gehen. Die jeweiligen Bahn-Chefs haben sich daran orientiert. Hartmut Mehdorn sparte die Bahn zum Beispiel an vielen Stellen kaputt, um den Konzern für Investoren attraktiv zu machen.
Die Kehrtwende erfolgte erst vor wenigen Jahren. Dahinter steht die Erkenntnis, dass die Bahn für die notwendige Verkehrswende unverzichtbar ist. Mehdorns Nachfolger Rüdiger Grube legte prompt ein Programm auf, mit dem das marode Netz wieder flott und das alte Zugmaterial erneuert werden sollte. Es gab auch mehr Geld dafür.
Es war klar, dass mit der Streckenmodernisierung die Qualität des Bahnfahrens über Jahre leiden würde. Genau in der Mitte der Leidenszeit steht das Unternehmen gerade. Das alles hat der Bund als Eigentümer mitgetragen. Nun lautet die neue Vorgabe, eine Verdoppelung der Passagierzahl bis 2030 zu erreichen. Ohne massive Investitionen kann dies nicht funktionieren. So richtig das verkehrspolitische Ziel ist, so wichtig ist eine entsprechende finanzielle Ausstattung des Unternehmens.
Richtig ist aber auch, dass die Bahn alles andere als effizient und transparent ist. Das bemängelt auch der Rechnungshof zu Recht. Eine Organisationsreform ist überfällig, womöglich sogar nach 25 Jahren eine [2][zweite große Bahnreform]. Das sollte der [3][Verkehrsminister] anpacken, statt nur Symptome zu kritisieren.
14 Jan 2019
LINKS
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Wer es ernst meint mit Klimaschutz, muss das Angebot der Deutschen Bahn massiv ausbauen und die Nachtzüge wieder einführen.
Kassenprüfer halten die Bahnreform für gescheitert. Beim Treffen zwischen den Bahnchefs und dem Verkehrsminister passiert wenig.
Bahnchef Richard Lutz muss zum Rapport ins Verkehrsministerium. Die Bahn soll schnell besser werden. Das ist wohl eine Illusion.
Bahn, Mobilnetze, Flüge – Verkehrsminister Scheuer patzt auf allen Ebenen. Nun braucht er einen Erfolg und prescht mit der Pkw-Maut vor.
Weihnachten nach Hause? Mit ordentlich Verspätung. Zeit, um über das Versagen der Verkehrspolitik und mögliche Alternativen nachzudenken.