taz.de -- EU stellt 2050-Klimaplan vor: CO2-Nulldiät ist machbar

Es gibt viel Kritik an EU-Kommissionsstrategie für ein klimaneutrales Europa bis 2050: Minderungsziele etwa in der Landwirtschaft oder im Verkehr fehlen.
Bild: Schon der Weg zur UN-Klimakonferenz im polnischen Kattowitz ist stark CO2-belastet

Berlin taz | Vier Tage vor [1][Beginn der UN-Klimakonferenz] in Kattowitz hat die EU-Kommission einen Plan vorgelegt, wie Europa bis 2050 aus den fossilen Energien aussteigen könne. Diese „Langzeitstrategie“ schlägt vor, in großem Stil in Energiesparen, Erneuerbare, Gebäudesanierung und neue Infrastruktur und Forschung zu investieren, um den CO2-Ausstoß der 27 EU-Staaten auf „netto null“ zu bringen. „Klimaneutral zu werden ist notwendig, möglich und in Europas Interesse“ sagte EU-Klimakommissar Miguel Arias Cañete am Mittwoch bei der Vorstellung der Strategie in Brüssel.

Die EU muss ihre Klimaziele verschärfen, um die Vorgaben des Pariser Abkommens zu erreichen. Bis 2020 müssen alle Staaten eigene Planungen vorlegen. Bislang planen die Europäer, bis 2030 minus 40 Prozent CO2-Emissionen zu erzielen. Dieser Trend führt aber bis 2050 nur zu einem Minus von 60 Prozent – und nicht zu 100 Prozent, wie gefordert.

Deshalb hat die Kommission acht Szenarien durchrechnen lassen: Mit verschiedenen Anteilen von Öko-Energie, besserer Gebäudedämmung, mehr Kreislaufwirtschaft oder mehr E-Mobilität. Fazit: die meisten Wege führen höchstens zu 80 Prozent Minderung. Den 100 Prozent nähert sich die EU nur, wenn sie alle diese Wege gleichzeitig umsetzt, außerdem CO2 abscheidet und speichert, ihre Agrarpolitik auf Nachhaltigkeit trimmt und sich die Konsummuster bei Fleisch und Verkehr deutlich ändern.

Die Kommission betont, dass die Nulldiät gut für die Wirtschaft wäre: Weil weniger Gas und Öl importiert werde, spare Europa zwischen 2030 und 2050 etwa 2 bis 3 Billionen Euro und hunderte von Milliarden an Krankenkosten. Diese Strategie eröffne „einzigartige Geschäftsmöglichkeiten“ für den Export grüner Techniken, die Wirtschaft wachse bis 2050 um zwei Prozent mehr als ohne diesen Kurs. Allerdings fehlen in der Strategie konkrete Minderungsziele etwa in der Landwirtschaft oder im Verkehr.

„Ein wichtiger Schritt, aber nicht genug für das Ziel, den Klimawandel bei 1,5 Grad zu stoppen“, kritisiert das Klimanetzwerk CAN. Der grüne Spitzenkandidat für die Wahl zum EU-Parlament, Bas Eickhout monierte, die Kommission traue sich nicht, am 40-Prozent-Ziel für 2030 zu rütteln, wie es nötig wäre. „Klima hat für diese Kommission keine Priorität.“

28 Nov 2018

LINKS

[1] /Oeko-Wandergruppe-Klimapilger/!5550712

TAGS

Pariser Abkommen
CO2-Emissionen
Weltklimakonferenz
EU-Budget
Schwerpunkt Klimawandel
CO2-Emissionen
Verkehr
Schwerpunkt Klimawandel
Pariser Abkommen
G20-Gipfel
Kigali
EU-Kommission

ARTIKEL ZUM THEMA

EU-Klimaziele bis 2050: Eine Billion Euro, nur woher?

Die EU-Kommission will für die klimaneutrale Wirtschaft eine Menge Geld investieren. Die Finanzierung ist allerdings noch nicht gesichert.

Stromproduktion in Deutschland: 40 Prozent öko

Die Stromproduktion aus Wind- und Solaranlagen führte 2018 zum Rekord bei erneuerbaren Energien. Das liegt auch am sonnigen Sommer.

UN-Klimakonferenz in Kattowitz: Heißer bis wolkig

Bei der UN-Klimakonferenz diskutieren 196 Staaten, wie sie die Erderhitzung bremsen wollen. Welche Maßnahmen reichen, welche nicht?

Parken vor dem Discounter? Gute Idee: Super vor den Märkten parken

Anwohner sollen nachts auf Supermarktparkplätzen parken, schlägt die CDU vor. Die Idee ist gut, es braucht Übergangslösungen. Ein Wochenkommentar

Vor der UN-Klimakonferenz: Die neue Spitze des Heißbergs

Messungen einer UN-Behörde zeigen: 2018 gehörte zu den vier wärmsten Jahren weltweit. Auch Wetterextreme wie Stürme haben zugenommen.

Gastkommentar UN-Klimakonferenz: Eine Zerreißprobe für Europa

Im Dezember ist Polen ist Gastgeber der Klimakonferenz der Vereinten Nationen. Dabei wehrt sich Warschau gegen einen Kohleausstieg.

Klima und Weltwirtschaft: Der Club der dreckigen Zwanzig

Die G20 reden jetzt auch über Klimaschutz. Aber ihr Handeln macht das Problem nur noch größer, zeigt eine aktuelle Studie.

Neue Studie zur Ozonschicht: Das Loch im Himmel wird kleiner

Das Ozonloch schließt sich langsam, aber stetig – das zeigt ein UN-Bericht. Ein Abkommen soll bei der endgültigen Erholung helfen.

Klimapolitik in der EU: Angst vor der eigenen Courage

Die EU ist beim Klimaschutz erfolgreicher als geplant. Das wollte die Kommission auch offiziell verkünden. Damit ist sie jetzt gescheitert.