taz.de -- Deutung des Wahlausgangs in den USA: Eine Frage der Interpretation

Eine „blaue Welle“ wollten die Demokraten lostreten. Die Trump-Anhänger halten dagegen und erklären sich zum wahren Sieger.
Bild: Ein Unterstützer der Republikaner in Montgomery, Alabama

Berlin taz | Jetzt, wo die [1][vorläufigen Ergebnisse] der US-Kongresswahlen vorliegen, beginnt in den verschiedenen politischen Blasen der Kampf um ihre Interpretation. Das Ergebnis ist alles andere als ein eindeutiger Erfolg für eine politische Seite – die Demokrat*innen holen sich das Repräsentantenhaus zurück, im Senat aber wird wohl die republikanische Mehrheit anwachsen.

Eine „Blaue Welle“, hatte die demokratische Partei mit Blick auf die Kongresswahlen angekündigt, ein Erstarken der Demokratischen Partei als Gegenentwurf zur Trump-Regierung. Eingetreten ist diese Voraussage nicht. Während die Demokraten versuchen werden, die neue Mehrheit im Repräsentantenhaus zu betonen, sowie [2][die zahlreichen Frauen und People of Color], die für die Partei in den Kongress einziehen werden, erzählen die prominentesten Trump-Unterstützer die Wahlnacht ganz anders: Als den Moment, an dem der Präsident sicherer stand denn je.

Trumps Sprecherin Sarah Sanders griff das Bild von der „Welle“ gleich Dienstagnacht in ihrem ersten Statement auf und [3][drehte es gegen die andere Seite]: „Es gibt vielleicht ein blaues Plätschern, aber gewiss keine Welle“ – ein Bild, das der Sender Fox News [4][umgehend übernahm].

Eine gewisse Erleichterung

Sean Hannity, Fox-Kommentator und erklärter Trump-Fan [5][twitterte am späten Abend]: „Die meisten Medien haben absolut keine Ahnung – das war ein massiver Triumph für Donald Trump und diejenigen, für die er sich eingesetzt hat.“ Hannity spielt damit darauf an, dass der Präsident sich im Wahlkampf vor allem für Senats-Kandidat*innen stark gemacht hatte. Also den Teil des Kongresses, bei dem die Wahl zugunsten der republikanischen Partei ausging.

Boris Epshteyn, ehemaliger Trump-Berater und Kommentator beim rechts ausgerichteten TV-Konzern Sinclair [6][verwies darauf], dass die Midterm-Wahlen für die demokratischen Präsidenten vor Trump verheerender ausgefallen waren.

Obgleich es erwartbar ist, dass die Trump-Blase so reagiert, so spricht aus den Äußerungen auch eine gewisse Erleichterung: Die „Blaue Welle“ ist ausgeblieben, das Ergebnis für Trump verkraftbar. Die Möglichkeiten, den Präsidenten durch die Mehrheit im Haus einzuschränken, sind begrenzt. Da lässt sich die Wahl ohne große Anstrengung nach rechts als Triumph verkaufen. Dabei mitgeholfen haben auch die Demokrat*innen, die mit der Ankündigung einer „Blauen Welle“ nicht gerade tief gestapelt hatten.

7 Nov 2018

LINKS

[1] /Wahlen-in-den-USA/!5549033
[2] /US-Wahlen-bringen-Pioniere-ins-Amt/!5549034
[3] https://www.youtube.com/watch?v=9ozDDgZj6js
[4] https://www.foxnews.com/opinion/liz-peek-midterm-elections-prove-trumps-critics-still-underestimate-him-as-blue-wave-becomes-a-ripple
[5] https://twitter.com/seanhannity/status/1060024501239537664
[6] https://twitter.com/BorisEP/status/1060040915451027457

AUTOREN

Peter Weissenburger

TAGS

USA
Midterm elections
US-Kongress
US-Senat
Republikaner
US-Demokraten
Schwerpunkt USA unter Donald Trump
Midterms
USA
USA

ARTIKEL ZUM THEMA

Wahlen in den USA: Der Sieg der Frauen

Angewidert von Donald Trumps Politik, wurden vor zwei Jahren viele Frauen aktiv. Jetzt ziehen einige von ihnen in die Parlamente ein.

Kommentar Midterm-Wahlen in den USA: So gespalten wie das Land

Die demokratische Mehrheit im Repräsentantenhaus wird Trump das Leben zwar schwerer machen. Aber er wird das für sich zu nutzen wissen.

US-Wahlen bringen Pioniere ins Amt: Sechs neue und ein alter Bekannter

Junge Frauen, Muslima, Ureinwohnerinnen und LGBTQ: Bei den US-Zwischenwahlen gelangen Kandidat:innen in Ämter, die es auf diesen Posten so noch nie gegeben hat.

Beginn der US-Zwischenwahlen: Stunde der Wahrheit für Trump

Das Interesse der Wahlberechtigten an den Midterm Elections ist sehr hoch. Das könnte gut für die Demokraten sein. Oder auch nicht.